Foto: DER STANDARD/Neumayr
Gräfin Francesca Pilati erscheint auf Schloss Riegersburg regelmäßig der kopflose Graf Hardegg. Ein achtjähriges Mädchen begegnet seinem Knochenmarkspender. Toni Polster philosophiert über das Leben nach "Dancing Stars" – nicht zu vergessen: "Vicky Leandros: das Phänomen". Ein Blick auf die Themen Donnerstag beweist: Vera ist ihrer selbst überdrüssig geworden, "Vera" muss gehen.

Nach knapp elf Jahren schickt der ORF am 15. Dezember eine seiner umstrittensten Shows ins Ausgedinge. Das Ende war Russwurms Entscheidung, die Anstalt konnte sich gar zwei Reihen gleichzeitig mit ihrer "Quotenqueen" vorstellen. "Warum krieg ich sonst so viele Briefe mit einem Dankeschön?", ist auch die Moderatorin von ihrer Wohltätigkeit überzeugt.

"Tritsch-Tratsch-Girl"

Wohlwollende Beschreibungen von Vera Russwurm sprechen vom "Medienprofi", der "Karrierefrau": Seit 27 Jahren ist die 46-Jährige im Fernsehen präsent, anfangs als "Tritsch-Tratsch-Girl" von Joki Kirschner, ab 1979 moderierte sie "okay". Nach exotischen Ausflügen zu "Kärnten international" oder 3sat, fanden Russwurm und der Boulevard 1984 endgültig zueinander: In Shows wie "Hallo Fernsehen" oder "Familienfest" probte sie für den 1995 von Gerhard Zeiler ins Leben gerufenen Ernstfall. Der "Krone" leiht sie ihr Porträt für wöchentliche Promi-Interviews. Zusammen mit regelmäßigen "News"-Artikeln ist dadurch eine ständige Medienpräsenz gewährleistet.

Die Erfahrung macht sich bezahlt: Aufzeichnungen ihrer Shows werden meist ohne auch nur einen einzigen Versprecher abgedreht. Der Sinn fürs Wohltätige kommt auch ihrer Familie zugute: Gatte Peter Hofbauer produziert "Vera", Bruder Heinz ist Geschäftsführer. Und als die "Confetti News"-Moderatorin und älteste Tochter Yara vor einem Jahr abgelöst werden sollte, intervenierte die Mutter: Yara, kaum mehr kindliche 15, präsentiert sporadisch heute noch. Die zweite Tochter Florentina ermittelt im Kinderkrimi "Tom Turbo".

"Best of Böse"-Trophäe

Ihre Direktheit sei das Geheimnis ihres Erfolges, sagen selbst Kritiker. Diese sichert ihr freilich seit Jahren die "Best of Böse"-Trophäe des "Falter": Die Konfrontation der Bombenopfer Loley und Horvath mit den Eltern von Franz Fuchs etwa sorgten dafür.

Ziemlich böse soll Russwurm auch mit Barbara Stöckl sein: Diese musste vom "Woman"-Cover fliegen, andernfalls hätte "Vera" sich geweigert, das Blatt in ihrer Sendung zu präsentieren. "Woman" bedankte sich später mit einem retuschierten Foto: Plötzlich war das markante Muttermal weg.

Nach "Vera" kommt also Vera: Die Medizinerin soll nächstes Jahr dreißigmal ein Gesundheitsmagazin präsentieren. Der Unterschied ist vielleicht gar nicht so groß: Menschen mit ungewöhnlichen Krankheiten waren schließlich auch bei "Vera" stets gern gesehen. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2005)