Madrid/Wien - Am 20. November jährt sich der Todestag von Francisco Franco zum 30. Mal. Viel Druckerschwärze wurde in Büchern über den Diktator, der Spanien von 1939 bis 1975 beherrschte, bereits verbraucht. Kaum ein Autor ging mit ihm aber so hart ins Gericht wie der Historiker Carlos Blanco Escola. Ist die unlängst in Madrid erschienene Biographie "Franco: La pasion por el poder" (etwa: "Francos Machthunger") authentisch, dann war der stolze "Generalisimo" in Wahrheit ein armer Psychopath.

Blanco Escola, selbst ein Militär, geht in seiner Beschreibung der Vita des späteren "Caudillo de Espana por la Gracia de Dios" ("Führer Spaniens von Gottes Gnaden") weit in die Kindheit zurück. Francisco wurde am 4. Dezember 1892 in El Ferrol (Galicien in Nordspanien) als Sohn des Marineoffiziers Nicolas Franco und dessen Frau Maria del Pilar Bahamonde y Pardo de Andrade geboren.

Der Vater führte nicht nur bei den Seestreitkräften ein strenges Regime, auch zu Hause ging es höchst autoritär zu. Francisco war ein verunsichertes, in sich gekehrtes Kind, das den Ansprüchen von Nicolas Franco kaum entsprach. Er war demnach weit weniger begabt als seine Brüder. In der Schule gerade Mittelmaß, fiel er höchstens durch erstaunliche Phantasielosigkeit auf.

Der Vater hatte für den Zeit seines Lebens kleinwüchsigen Francisco mit der Fistelstimme bloß Verachtung über. Auch in der Militärakademie von Toledo, in die er 1907 eintrat, fühlte sich Francisco der Beschreibung zufolge eher verloren als wohl. Die rüde Umgangsart der Kadetten widerte ihn im Grunde an, weil er von ihr eingeschüchtert wurde. Auch hier zählt Franco junior nie zu den Besten, Erfolgreichsten oder Begnadetsten. Unter 312 Absolventen erreichte er bei der Abschlussprüfung gerade Rang 251.

Die besten Voraussetzungen für eine glänzende Karriere waren nicht gerade gegeben, analysiert der Geschichtswissenschafter. Blanco Escolas Schlussfolgerung nach - sie widerspricht freilich den Ergebnissen anderer historischer Studien - war Franco auch alles andere denn ein glänzender Stratege. Dennoch putschte er am 18. Juli 1936 von Spanisch-Marokko aus mit gleichgesinnten Militärs gegen die linksgerichtete, reformorientierte spanische Republik (1931-36), die in seinen Augen ein instabiles Chaos war.

Viele Befehle des Generals seien von Stolz und gekränkter Eitelkeit gelenkt gewesen und hätten dadurch Weitsicht und taktisches Kalkül vermissen lassen, schreibt Blanco Escola. Dadurch sei der Spanische Bürgerkrieg (Guerra Civil) mit drei Jahren (1936 bis 1939) zu lang und unnötig opferreich (rund 700.000 Tote) gewesen. Trotz des Sieges hat Franco für den Autor militärisch versagt.

Der Staatschef war demnach in Wahrheit ein nach traumatischen Erlebnissen komplexbeladener Mensch, der persönliche Schwächen durch Härte und Brutalität wettmachte. Woran selbst Carlos Blanco Escola freilich nicht rütteln kann, sind Tatsachen. So verklemmt und psychisch gestört Franco auch gewesen sein mag, so beharrlich und standhaft hielt er sich an der Macht. Von dieser vermochte den damals 82-Jährigen nach 36 Jahren erst der natürliche Tod zu verdrängen. (APA)