Wer sich in Familie begibt, kommt darin um, spottete einst Heimito von Doderer. Marlen Haushofer hat ihn mit ihrer Novelle "Wir töten Stella" (1958) beim Wort genommen. Dort treibt eine Familie mittels Lieblosigkeit, Ignoranz und Egozentrik ein junges Mädchen in den Suizid. Der empfindsame Teenager wird sexuell ausgenutzt und mit seinen pubertären Nöten allein gelassen. Die Tante erkennt zwar die prekäre Situation, lässt das Unglück aber sehenden Auges geschehen, um den bürgerlichen Schein zu wahren. walk.tanz.theater.com hat diese beklemmende Erzählung für eine Bühnenfassung bearbeitet. Alles Geschehen wird aus der Sicht von Anna geschildert, hervorragend gespielt von Brigitte Walk. Inszeniert hat ihren Monolog Hanspeter Horner. Die Lichtinstallation des Technikers Martin Beck verleiht der guten Familienstube die Aura eines Geisterhauses.Im Gegensatz zu früheren Produktionen war die Choreografin Jacqueline Beck nicht mehr mit dabei. Ihre ordnende Hand fehlt. Der Tanz ist bei Weitem nicht so deutlich strukturiert und zwingend in das Geschehen integriert wie ehedem. (mh/DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2005)