Emma Plank
Foto: Montessori
Emma Plank, eine der führenden Persönlichkeiten der Wiener Montessori-Bewegung der ersten Stunde, ereilte ein ähnliches Schicksal wie viele andere ÖsterreicherInnen des 20. Jahrhunderts. Aufgrund ihrer politischen Überzeugung und Abstammung musste sie 1938 Wien verlassen, ihre hier so erfolgreich begonnene Arbeit abrupt beenden und in die USA emigrieren. Hier gelang ihr mit der Entwicklung eines Betreuungsprogrammes für kranke und rekonvaleszente Kinder im Krankenhaus in den fünfziger Jahren der berufliche Durchbruch.

Emma Spira, so ihr Mädchenname, war am 11. November 1905 als Tochter einer bürgerlichen, assimilierten jüdischen Familie zur Welt gekommen. Schon während ihrer Schulzeit - sie besuchte nach der Volksschule das öffentliche Mädchenlyzeum des Schulvereins für Beamtentöchter in der Josefstadt - erwuchs der Wunsch Lehrerin zu werden. Obwohl Vorzugsschülerin, empfand sie die Schule als zu bevormundend und weltfremd. Sie verließ die Schule mit dem Beigeschmack, es einmal besser machen zu wollen.

Ire Chance pädagogisch tätig zu werden, sah Emma Plank in der Mitarbeit an dem eben im Aufbau begriffenen Projekt von Lili Roubiczek (verh. Peller). Diese aus Prag stammende und bei Prof. Bühler studierende Psychologiestudentin hatte 1921 in London einen Ausbildungskurs bei Maria Montessori besucht und kam mit der Idee nach Wien zurück, hier ein "aus der Kinder"nach den Prinzipien der Montessori-Pädagogik zu gründen. Mit der finanziellen Unterstützung des Kurskollegen Lawrence A. Benjamin und dem ideellen Einsatz einiger junger Mädchen, darunter auch Emma Plank, entstand in der Troststraße, im zehnten Wiener Gemeindebezirk alsbald eine pädagogische Einrichtung, die das Interesse im In- und Ausland auf sich zog. Maria Montessori selbst nannte sie "Scuola modella".

Auch die Wiener Kommunalpolitiker wurden auf die dort geleistete Arbeit aufmerksam und schickten Kindergärtnerinnen aus den städtischen Tagesheimen zu Hospitationen und Ausbildungen. 1930 stellte die Gemeinde Wien Lili Roubiczek und ihrem Team den eigens für sie gebauten Kindergarten am Rudolfsplatz, im ersten Wiener Gemeindebezirk, zur Verfügung. Die Pädagoginnen waren auch an der Planung beteiligt.

Von der Praktikantin zur Pädagogin

Emma Plank avancierte bald von der Praktikantin, als die sie mit 16 Jahren begonnen hatte, zu einer führenden Pädagogin. Als 1925 die ersten Kinder schulpflichtig wurden, übernahm Nuschi, wie sie liebevoll von den Kindern genannt wurde, den Unterricht. Ihre erste Einführung in die Montessoripädagogik erhielt sie von Lili Roubiczek an den Abenden nach der Arbeit. 1926 besuchte sie einen Ausbildungslehrgang bei Maria Montessori und legte 1927 die Lehramtsprüfung ab, die sie nun auch offiziell zur Führung einer Schule berechtigte, was sie auch ab 1931 tat. Da in der Einrichtung am Rudolfsplatz keine Räumlichkeiten für eine Schule zur Verfügung standen, bezog sie ein Klassenzimmer in der Schubertschule, in der Grünentorgasse, neunter Wiener Gemeindebezirk. Ihre Publikationen in diversen pädagogischen Zeitschriften geben Einblick in ihre praktische Tätigkeit und ihre berufliche Weiterentwicklung.

Wahrscheinlich geweckt durch die Ambitionen von Lili Roubiczek – sie macht die Ausbildung zur Analytikerin und wollte einen Symbiose zwischen der Montessori-Methode und der Psychoanalyse herbeiführen – erwacht auch bei Emma Plank das Interesse an diesem damals neuen Gebiet. Sie lässt sich selbst am Psychoanalytischen Institut zur Psychoanalytischen Pädagogin ausbilden. Zu dieser Zeit unterstützte Anna Freud das Team von Lili Roubiczek als Supervisorin. Emma Plank unterrichtete einige Klienten Anna Freuds in ihrer Klasse, wodurch eine enge Zusammenarbeit entstand.

Unterbrechung in der NS-Zeit

Ein jähes Ende fand Emma Planks Tätigkeit in Wien mit dem Einmarsch Hitlers. Weniger aus Gründen ihrer Abstammung als viel mehr wegen des politischen Engagements ihres Mannes musste sie Wien verlassen. Der Rechtsanwalt Robert Plank, mit dem Emma seit 1932 verheiratet war, war seit seiner Jugend engagierter Sozialist. Im Frühjahr 1938 wurde er von der SA verhaftet und kam nur durch Zufall wieder frei. Am 1. Juli 1938 emigrierten die Planks in die USA. Die Kriegsjahre über arbeitete Emma Plank als Lehrerin und Leiterin an einer Progressive School in San Francisco. Außerdem machte sie ihr M.A. Degree in Child Development am Mills College (Titel der Master’s Thesis "Montessori’s Contribution to the Development of the Concept of Numbers.")

Anders als viele andere EmigrantInnen wurde Emma Plank vom offiziellen Österreich in Person des Leiters des Wiener Jugendamtes, Anton Tesarek, eingeladen beim Wiederaufbau mitzuhelfen. Sie sollte in Anknüpfung an ihre frühere Arbeit einen Musterkindergarten errichten und bei der Nacherziehung von Kindergärtnerinnen, die über sieben Jahre nur Nazidoktrin gehört hatten, helfen. Emma Plank kam der Einladung gerne und mit großem Einsatz nach, musste aber bald merken, dass die Zeit für eine Renaissance der Montessori-Methode noch nicht gekommen war. So schrieb sie in einem Brief an Mario Montessori, dem Sohn Maria Montessoris, "The resentment of the teachers that somebody who had not lived under bombing as they had, should be their boss would have been too strong."

Das Angebot eines Inspektorinposten bei der Gemeinde Wien lehnte Emma Plank ab und ging zurück in die USA. All ihre bisher erworbenen pädagogischen, psychologischen und organisatorischen Kenntnisse flossen bei der Umsetzung der Bitte des Virologen Fred Robinson, in der geschlossenen Infektionsabteilung des Cleveland Metroplitan General Hospital eine kindgerechte Umgebung und Betreuung aufzubauen, zusammen. Ziel war, die Kinder psychologisch und pädagogisch so gut zu betreuen, dass sie nach ihrer körperlichen Genesung auch seelisch gesund nach Hause gehen konnten. Die Umsetzung gelang so gut, dass Emma Plank daraus das Projekt des "Child Life and Education Program" entwickelte. Mittlerweile Mitglied am Department of Pediatrics an der Case Western University wirkte sie an der Entwicklung und der Umsetzung des Berufslehrganges des "Child Life Workers" mit. Sie war bald gerngesehener Gast bei Ärztekongressen in den Staaten und im Ausland, um über ihr Konzept zu sprechen. Ihren Ansatz legte sie in dem 1962 erschienen Buch "Working with children in hospital" (1972 in deutscher Sprache "Hilfe für Kinder im Spital") dar.

Methoden

Um Traumata zu vermeiden oder zu überwinden, erhielten die Kinder die Möglichkeit der Wiederholung, durch Nachspielen, Erzählen oder Zeichnen. Durch kindgerechte Aufklärung sollten den jungen Patienten möglichst viel ihrer Angst, ihrer Passivität oder Aggression genommen werden. Sie forderte die Möglichkeit zum kognitiven Wissenserwerb, allerdings zum Erhalt der psychischen Gesundung und nicht um in der Schule Versäumtes nachzuholen. Das Kind kann erfahren, dass es trotz physischer Abhängigkeit seinen Verstand aktiv und selbstständig gebrauchen kann. Emma Plank in einem Interview 1984: "Das Entscheidende ist, dass man den Kindern die Möglichkeit gibt, sich wieder unabhängig und selbstständig zu fühlen." – Gedanken, die der Montessori-Pädagogik sehr nahe sind und Emma Planks pädagogische Wurzeln erkennen lassen.

Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Emma Plank 1984 in ihre Geburtsstadt zurück. Nun war die Zeit reif für eine Montessori-Renaissance. Ihren reichen Erfahrungsschatz und ihr Wissen gab sie bei Vorträgen an verschiedenen Institutionen gerne weiter. Mit großem Wohlwollen und vielen Hinweisen für die pädagogische Praxis unterstützte Emma Plank die Bemühungen von Saskia Haspel und Harald Eichelberger, die mit der Schaffung eines Montessori-Zentrums und einer österreichischen Montessori-Ausbildung befasst waren. Emma Plank verstarb 1990.