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Wolfgang Fellner im noch nicht eingerichteten Newsroom für sein Tageszeitungsprojekt.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Ehrgeizige Pläne verfolgen die Fellner-Brüder mit ihrer neuen Tageszeitung, die im nächsten Jahr lanciert werden soll. Die Fellners peilen für den Start eine Verkaufsauflage von rund 70.000 Stück an. Die Druckauflage soll etwa 200.000 Exemplare betragen. "Wenn wir es schaffen, von Beginn an über 'Standard' und 'Presse' zu liegen, dann ist das als Riesenerfolg zu werten. Letztendlich würden wir gerne die Nummer zwei im Land sein", sagte "News"-Gründer Wolfgang Fellner im Interview mit der APA.

Der "Krone" den ersten Platz steitig zu machen sei nicht das Ziel

Bis die "richtige Flughöhe" erreicht ist, dauere es aber sicher mehrere Jahre. Der "Kronen Zeitung" - sie verkauft rund 850.000 Stück pro Ausgabe - den ersten Platz streitig zu machen, sei jedenfalls nicht das Ziel. "Die 'Krone' ist durch ihre starke Verbreitung in ländlichen Räumen und bei älteren und weniger gebildeten Schichten enorm groß. Das ist praktisch ORF 2. Wir sehen uns als junges, urbanes Medium. Wir machen ORF 1 des Gerhard Zeilerschen Zuschnitts", so Fellner. Es mache auch "keinen Sinn, wenn der 'Kurier' jetzt irgendwelche Turnübungen für 20- bis 40-jährige Leser veranstaltet und dabei sein Stammpublikum vergrätzt oder sich die 'Presse' von Gusti Wolf auf Britney Spears verkleidet."

200 bis 300 Mitarbeiter

Viel wurde in den vergangenen Wochen über die täglichen News aus dem Hause Fellner geredet. Häppchenweise werden Neuzugänge kommuniziert, so bleibt das Projekt im Branchengespräch. Bisher bekannt: Die neue Tageszeitung startet inklusive Internet-Auftritt mit 200 bis 300 Mitarbeitern - gut die Hälfte davon Journalisten - vor der Nationalratswahl im Oktober 2006. Das Tabloid, ein Format zwischen "Kronen Zeitung" und "Kurier", wird sieben Mal pro Woche erscheinen, soll einen Umfang von mindestens 48 Seiten haben und die Zielgruppe der 20- bis 49-Jährigen ansprechen. Der Verkaufspreis dürfte sich in einer Bandbreite zwischen 50 Cent und einem Euro bewegen.

Der Redaktionssitz befindet sich im Akademiehof neben der Wiener Secession am Karlsplatz. Ab Jänner wird auf 1.200 Quadratmeter ein Newsroom eingerichtet, der die Zeitungs- und Internet-Redaktion integriert. Personal rekrutierte man bisher vor allem aus der früheren "News"-Truppe.

Es wird noch kein Namen für die Zeitung verraten

Namen für die neue Zeitung hat Fellner schon einige im Kopf. Verraten werden diese freilich noch nicht. Gleiches gilt für die Finanzierung, die seit April steht. Verschwiegen gibt sich der Verleger auch in Sachen Druckstandorte. Ein Druckangebot gebe es von der zur Passauer Verlagsgruppe gehörenden "Oberösterreichischen Rundschau". In Sachen Vertrieb gebe es drei Angebote, am "sympathischsten" ist den Fellner-Brüdern dabei jenes der Styria-Tochter redmail.

Ob die Geheimnistuerei um die Fellner-Zeitung - vom aktuellen Spannungsaufbau bis zur zu erwartenden medialen Klimax kurz vor dem Start im kommenden Jahr - zu den üblichen Marketing-Tricks der Magazin-Brüder zähle? Fellner: "Es kann niemand verlangen, dass ich ein Jahr vor dem Start einen Striptease abziehe."

Keine Nullnummer vor Mai

Spekulationen, wonach das Blatt schon im Mai vor der Fußball-WM starten könnte, weist Fellner jedenfalls zurück: "Das wäre ganz unintelligent bei dem, was wir planen. Wir wollen neue Zielgruppen, insbesondere junge Leute und Frauen für die Tageszeitung gewinnen. Starten Sie mal eine Tageszeitung für eine Frau mit einer Fußball-WM-Werbung. Wir denken schon über den Tellerrand hinaus. Wir sehen das als Marathonlauf und nicht als Sprint." Vor Mai werde es denn auch keine Nullnummer geben.

Dornröschenschlaf

An die Konkurrenz verteilt Fellner verbale Beruhigungspillen: "Kein einziger wird einen Leser verlieren, und kein einziger wird auch nur einen Werbe-Euro verlieren." Glaubt man Fellner, dann befindet sich der heimische Tageszeitungsmarkt in einem Dornröschenschlaf. Nun gelte es, diesen wachzuküssen. "Wir haben in Wien die niedrigste Tageszeitungs-Reichweite Europas. Es gibt in Wien ein Loch von 40 bis 50 Prozent. Da können Tageszeitungen reinstoßen, da ist Wachstumsmöglichkeit für alle Beteiligten." Für seine Zeitung rechnet Fellner anfangs mit zehn bis 20 Prozent Reichweite.

Auch am Werbemarkt sieht WoFe, wie die Branche ihn nennt, genug Wachstum für alle. Dass die Fellners mit ihren Rabatt-Methoden nun auch Tageszeitungsmarkt durcheinander wirbeln werden, bestreitet der "News"-Gründer. "Das ist ein ganz großes Missverständnis. Wir haben im Magazinbereich nicht rabattiert, sondern zu einer Explosion eines ganzen Segments beigetragen. Das waren hundertprozentige Anzeigensteigerungen." Dafür sei es notwendig gewesen, international konkurrenzfähige Werbepreise - vor allem TKPs (Tausender-Kontakt-Preise, Anm.) - anzubieten.

"Vernewsung" und "Fellnerismus"

Dass die "Vernewsung" und der "Fellnerismus" für den vermeintlichen Niedergang des österreichischen Journalismus verantwortlich seien, wie Kritiker monieren, weist Wolfgang Fellner vehement zurück. "Das ist ja wirklich der allergrößte Blödsinn, eine unwürdige Neidnummer. Ich zweifle da am Zustand der Betroffenen." Die "so genannten Marketing-Geheimnisse" der News-Gruppe habe man sich vom US-Nachrichtenmagazin "Time" abgeschaut. "Ich kann nichts dafür, dass es sich in diesem Land durchgängig um solche Zwerge handelt, die nicht über den Alpenrand hinausschauen können. Weniger Erfolgreiche tun so, als würde das Abendland untergehen, weil es zu einem Abo einen Computer gibt." (APA)