Belgrad/Brüssel - Ohne Einigung sind am Montag in Brüssel dreitägige Gespräche über eine Verfassungsreform für Bosnien-Herzegowina zu Ende gegangen, meldete die Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug. Die Chefs der acht größten bosnischen Parteien verhandelten dabei unter Vermittlung der Europäischen Union und der USA. Durch Verfassungsänderungen sollen die gesamtstaatlichen Institutionen gefestigt werden.

Ein Ziel der geplanten Reform sei die Schaffung eines multiethnischen Staates, der "den Bürgern besser diene", hatte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Samstag zu Beginn der Verhandlungen gesagt. Laut den Medienberichten ging es darum, das derzeitige dreiköpfige bosnische Staatspräsidium durch die Etablierung eines einzigen Staatsoberhauptes zu ersetzen. Auch das gesamtstaatliche Parlament und die Regierung sollten größere Befugnisse erhalten.

Gemäß dem Daytoner Friedensabkommen aus dem Jahr 1995 besteht Bosnien-Herzegowina aus zwei Landesteilen, so genannten Entitäten: die bosniakisch-kroatische Föderation (51 Prozent des Territoriums) und Serbische Republik (Republika Srpska/49 Prozent des Territoriums). Die große Macht der Institutionen auf Entitätsebene hat die Funktionsfähigkeit des Gesamtstaates vermindert.

Keine der angeschnittenen Fragen sei gelöst worden, bestätigte der frühere bosnisch-serbische Ministerpräsident Milorad Dodik gegenüber Tanjug. Bosniens Außenminister Mladen Ivanic meinte jedoch, dass in Brüssel "bestimmte Änderungen" vereinbart worden seien. Die vorgeschlagene Verfassungsreformen zielten darauf ab, Bosnien-Herzegowina aus der "Dayton-Ära" in die so bezeichnete "Brüssel-Ära" zu versetzen, berichteten bosnische Medien.

Widerstände gegen die Verfassungsänderungen kamen vor allem von bosnisch-serbischen Politikern. Sie widersetzen sich trotz gegenteiliger Beteuerungen von US-Vermittler Donald Hays einer umfangreichen Reform der gesamtstaatlichen Institutionen. Sie befürchten, dass diese auf die Auflösung der Entitäten abziele. (APA)