Nach ihrer Trennung von der "New York Times" hat sich die amerikanische Reporterin Judith Miller gegen Vorwürfe über ihre Irak-Berichterstattung verteidigt. Im Interview mit der "Welt am Sonntag" räumte die 57-Jährige ein, von ihren Berichten zum Thema Massenvernichtungswaffen hätten sich "vielleicht eine Hand voll" als falsch herausgestellt. Sie habe damals jedoch ausgiebig recherchiert und kaum skeptische Stimmen gefunden.

"Waffenexperten alle Couleur waren überzeugt, dass (Saddam) Hussein chemische und biologische Waffen hat und ein Atomwaffenprogramm vorantreibt", sagte Miller der "WamS". Es sei ja nicht darüber gestritten worden, ob Saddam Massenvernichtungswaffen habe, sondern ob dies ausreichende Gründe für einen Krieg seien.

In die Schlagzeilen geriet Miller wegen der Affäre um die Enttarnung einer CIA-Agentin, die ebenfalls mit dem Irak-Krieg in Zusammenhang stand. Miller und anderen Journalisten wurde die Identität der Agentin offenbart - wie man inzwischen weiß, von Scooter Libby, dem kürzlich zurückgetreten Stabschef von Vizepräsident Dick Cheney. Miller hatte ihre Quelle unter Verweis auf den journalistischen Informantenschutz nicht preisgeben wollen und ging deswegen sogar ins Gefängnis, bis Libby ihr die Aussage ausdrücklich gestattete.

Kritik in der eigenen Redaktion

Während sie für ihre Haltung zunächst viel Anerkennung erfuhr, geriet Miller zuletzt auch in der eigenen Redaktion in die Kritik. Ihr wird vorgehalten, mit ihrem Bestehen auf Informantenschutz ein unrechtmäßiges Vorgehen der Regierung gegen deren Kritiker gedeckt zu haben. Die Enttarnung der CIA-Agentin wird allgemein als Rache an deren Mann betrachtet, der Informationen der Regierung über angebliche Urankäufe des Iraks öffentlich als falsch entlarvt hatte.

Miller zeigte sich aber um die Pressefreiheit und nationale Sicherheit in ihrem Land besorgt. Rechte des Einzelnen und der Presse seien nicht mehr so viel Wert wie die der Gesetzeshüter und Behörden. Zu der Vertragsauflösung meinte sie: "Meine Person war am Ende wichtiger als meine Arbeit. Das will kein Reporter." Sie und die Zeitung hätten sich nach zehntägiger Verhandlung einvernehmlich getrennt. (APA)