Die Berater von Möglichkeitsraum, Institut für Systemische Beratung (v. li.): Matthias Stauder, Elisabeth Stauder und Anna Zemann.

Foto: Der Standard
Schon ein Perspektiven-Wechsel kann dabei helfen, den Blick auf den eigenen Ressourcen-Pool zu schärfen, um Raum für Entscheidungs-Möglichkeiten zu schaffen, die Sinn machen.


Eine von steter Standortbestimmung geprägte Zeit fordert entsprechende Kraftanstrengungen. Besonders schwierig: die Entscheidungsfindung. Oft sind einem die eigenen Möglichkeiten nicht bewusst, oder man ist von der sich bietenden Fülle an Möglichkeiten einfach überfordert: Und dann wählt man meist zwischen den vermeintlich einzigen zwei Varianten, die da einerseits "gut" und andererseits "schlecht" genannt werden. Dass sich aber dazwischen eine doch ergiebige Spanne anderer Wahlmöglichkeiten und Stoßrichtungen auftut, entgeht oftmals der Aufmerksamkeit. Jeder hat eben seine ganz eigene Art, auf die Dinge zu schauen und auf seine ihm eigene Art diese für sich zu bewerten.

Haltungssache

Unweit des Wiener TCM-Zentrums in der Grinzinger Straße wurde vor Kurzem der Möglichkeitsraum eröffnet. Die jungen Gründer Anna Zemann, Elisabeth und Matthias Stauder sind allesamt u. a. Experten der systemischen Beratung. Eine Expertise, die sich - so scheint es - viele bereits zuführen, von der aber nur wenige wissen, wie sie angewandt funktioniert und was genau dahintersteht.

Auf die Frage, worüber sich das "Systemische" qualifiziere, sagt Matthias Stauder: "Eigentlich ist es schon unsystemisch, etwas als systemisch zu klassifizieren." Über Lernerfahrungen, Sinne oder Glaubenssätze etwa entstehen Realitäten. "Wir Menschen bilden unsere Wirklichkeiten, auf die wir dann auf unsere ganz eigene bestimmte Art und Weise hinschauen - dies auf ganz unterschiedlichen Ebenen und mit verschiedenen Implikationen", so Stauder weiter. Systemische Beratung helfe einerseits, seinen Standort im entsprechenden Kontext zu bestimmen und Möglichkeiten für eine eventuell gewünschte und in sich stimmige Neuorientierung, also ein neues Ziel, zu bieten. Dabei gehe man Ressourcen-orientiert vor.

Von sich selbst lernen

"Wir gehen davon aus", sagt Elisabeth Stauder, "dass für jede Veränderungssituation etwa alle notwendigen Elemente vorhanden sind. Wir lernen von uns selber. Die Kompetenz liegt also beim Menschen selbst." Auch gehe man nicht von Monokausalität - also Ursache-Wirkung-Mechanismen - aus. Vielmehr bediene man sich der Methode der Rekontextualisierung. Anna Zemann: "Jedes Verhalten findet in einem bestimmten Kontext statt. Wir versuchen in der Beratung das Verhalten in einen Kontext zu stellen, der wieder Sinn macht." Denn das Schaffen von Sinnzusammenhängen nämlich lasse auch Wertschätzung für das eigene Verhalten entstehen. Dabei arbeite man ausschließlich mit den Wirklichkeiten des Kunden und gehe nicht weiter. Die Kunden des Möglichkeitsraumes werden selbst als Experten für ihr Problem und dessen Lösung gesehen. Die Berater würden als Dienstleister nur mit Methodenwissen zur Seite stehen. Es seien also "keine psychischen Dammbrüche" zu erwarten, sagt Matthias Stauder.

Methoden

Anhand bestimmter Befragungsmethoden, die sich jeweils auf Befindlichkeiten in der Gegenwart, der Vergangenheit und einer möglichen Zukunft des Kunden beziehen, versuche man Unterschiede herauszuarbeiten, Bilder zu schaffen, die im Rahmen dieser Kontexte entstehen oder gewünscht sind. Das Gehirn funktioniere mit Bildern, egal ob diese aus der eigenen Vergangenheit stammen oder aus einer imaginierten Zukunft, sagt Elisabeth Stauder. Oft reiche ein Perspektivenwechsel zur Veränderung seiner Haltung. Danach sei es einfacher, Entscheidungen zu treffen, die Sinn machen. (Heidi Aichinger/Der Standard, Printausgabe 12./13.11.2005)