Sarajevo/Brüssel - Die Vorsitzenden der acht größten Parteien in Bosnien-Herzegowina haben am Samstag in Brüssel dreitägige Verhandlungen über eine Reform der Verfassung aufgenommen. Unter Vermittlung der USA und der EU soll ausgelotet werden, ob die auf die verschiedenen Landesteile aufgeteilten Verfassungskompetenzen auf Bundesebene gebündelt werden können. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn äußerte sich optimistisch über die Chancen.

Zehn Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton gebe es bei den politischen Parteien "einen beginnenden Konsens" über die Notwendigkeit der Reform, erklärte Rehn nach einem Treffen mit bosnischen Vertretern am Samstag in Brüssel.

Rehn sagte: "Wir empfehlen eher eine Verfassungsevolution als eine Verfassungsrevolution." Es müsse ein funktionierender Staat und verlässlicher Partner geschaffen werden, damit sich Bosnien-Herzegovina der EU annähern könne.

Serben für bestehendes Verfassungssystem

Bei den Gesprächen soll auch erörtert werden, ob das heutige dreiköpfige Staatspräsidium durch nur einen Präsidenten ersetzt werden. Die internationale Gemeinschaft sowie vor allem die Moslems treten dafür ein. Demgegenüber wollen die Serben am bisherigen Verfassungssystem festhalten.

"Es ist eine klare Tatsache, dass die Kosten für die Verwaltung zu hoch sind", erklärten Mitarbeiter des internationalen Bosnien-Beauftragten Paddy Ashdown am Freitag in Sarajevo.

Der Friedensvertrag für Bosnien war 1995 im amerikanischen Dayton ausgehandelt und am 14. Dezember 1995 in Paris unterzeichnet worden. Um den Bürgerkrieg (1992-1995) zu beenden, war eine komplizierte Verfassungsstruktur geschaffen worden.

Das Land wurde in zwei Entitäten geteilt: Die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation. Bei der letzten Volkszählung von 1991 stellten die Bosniaken (Moslems) 44 Prozent, die Serben 32 und die Kroaten 17 Prozent der Bevölkerung. (APA/dpa)