Dieser Mensch hat ganz und gar eine Hundenatur. Er ist beweglich, er ist gefräßig, ohne Ordnung. Wie ein Hund macht er sich bei seinen Herren beliebt, in allem ist er von anderen abhängig. Aber er ist auch bissig. So ist er den meisten verhasst, aber die Vorgesetzten halten ihn wert. Vor Baden und Waschen schaudert ihn wie einen Hund."

So charakterisierte sich 1597 der "Steyrische Landschaftsmathematiker zu Grätz", Johannes Kepler, selbst. Damals hatte er schon internationale Anerkennung für sein erstes astronomisches Werk, das Weltgeheimnis erhalten, in dem er die Bahnen der Planeten zu erklären versuchte. Wirklich gelingen sollte ihm das erst 20 Jahre später, nachdem er aus Konfessionsgründen aus Graz vertrieben, nach Prag an den kaiserlichen Hof und von dort später nach Linz gegangen war. Voraussetzung für den Erfolg waren die genauen Messdaten, die ihm Tycho Brahe hinterlassen hatte.

Kepler war ein Mensch zwischen den Zeiten: Seine Theorien eröffneten neue Wege in der Physik und wiesen weit in die Zukunft, er verteidigte die Astrologie und betrieb Wissenschaft unter dem Blickwinkel der Religion. Seine Mutter konnte er gerade noch vor dem Scheiterhaufen retten, nachdem sie von einer missgünstigen Nachbarin als Hexe angeklagt worden war. Kepler starb am 15. 11. 1630 in Regensburg, als er zum Kaiser reisen wollte, um ihn um Zahlung seines ausständigen Gehalts zu ersuchen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13. 11. 2005)