Wien - Die europäische Vereinigung der Immobiliengutachter TEGOVA fordert dringend die Schaffung europaweit einheitlicher Normen bei der Bewertung von Immobilien. Wegen der ständig wachsenden Bedeutung der Immobilie als Anlageform "rückt die Frage des Marktwerts zunehmend in den Vordergrund", sagte am Freitag der renommierte österreichische Immo-Sachverständige Alfons Metzger, derzeit Präsident der TEGOVA, am Freitag.

Sowohl Fonds als auch Aktiengesellschaften haben in den vergangenen Jahren - auch bei den österreichischen Privatanlegern - rasant an Beliebtheit gewonnen. Milliarden an Anlegergeldern sind in den Sektor geflossen, was zu jährlichen Kurssteigerungen von manchmal mehr als 15 Prozent geführt hat. "Diese Ergebnisse sind primär auf Basis von Aufwertungsgewinnen entstanden, von den Sachverständigen in ihren Gutachten dargestellt werden", erläutert der Anlegerschützer Wilhelm Rasinger von der IVA. Er sei "überzeugt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen und diese Entwicklung nicht ad infinitum weitergehen kann". Gerade angesichts der wachsenden Beliebtheit der Anlageform müsse sichergestellt werden, dass künftig nur "echte Aufwertungsgewinne" auf "einer einheitlichen soliden Basis zustandekommen", meinte Rasinger.

Europaweit einheitlich

"Den einzelnen Staatsbürger wird von der Politik immer wieder gesagt, sie müssten ihre Altersversorgung auf ein zweites und drittes Standbein stellen. Das kann auch durch Immobilien passieren. Das wiederum kann nur gut gehen, wenn es ein europaweit einheitliches, funktionierendes System der Bewertung von grenzüberschreitenden Investitionen gibt", sagte Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky, der bei der am Freitag in Wien stattfindenden TEGOVA-Tagung eine Rede hielt.

TEGOVA-Präsident Metzger schwebt ein einheitliches Regelbuch ("Blue Book") vor, das beispielsweise die Mindestanforderungen für ein Gutachten definiert und damit sicher stellt, welche Kriterien ein valides Gutachten erfüllen muss. Ein derartiges "Blue Book" gibt es bereits, es soll aber weiterentwickelt werden und vor allem auch überall angewendet werden. Da das Thema Immobilienbewertung weit über die engere Branche hinausgehe, werde die Tagung auch von Finanzmarktaufsicht (FMA) und Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) beobachtet.

Umstellung auf internationalen Standard

Herbert Logar, Geschäftsführer der im Staatsbesitz stehenden Bundesimmobiliengesellschaft BIG, kündigte die Umstellung der Bilanzlegung von HGB (Handelsgesetzbuch) auf den internationalen Standard IFRS an. Dies sei verpflichtend, weil das Unternehmen "in Kontakt mit dem Kapitalmarkt" (Anleihen) stehe. Im Unterschied zur Bilanzierung nach HGB werden nach IFRS bei der Bewertung auch die stillen Reserven sichtbar. Um wie viel höher der Wert der BIG-Immobilien nach IFRS anzusetzen ist, wollte Logar nicht beziffern. Beobachter rechnen mit mehreren hundert Millionen Euro. Einen Börsegang der BIG sieht Logar in absehbarer Zukunft nicht. (APA)