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Foto: APA/EPA/Kasper
Prag - Beim Rennen um den Auftrag für die Errichtung eines elektronischen Lkw-Mautsystems in Tschechien könnte bereits eine Vorentscheidung für den österreichischen Bewerber Kapsch TrafficCom gefallen sein. Die für die Auswahl des Bestbieters zuständige Regierungskommisson habe sich bereits für Kapsch entschieden, berichtet das tschechische Online-Magazin "Euro".

Auf Grund der Empfehlung der Kommission werde Verkehrsminister Milan Simonovsky Mittwoch nächster Woche dem Ministerrat empfehlen, den Maut-Auftrag an Kapsch zu vergeben, berichtet "Euro" ohne Angabe einer Quelle. Auch die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" berichtet heute, Freitag, dass die Kommission Kapsch als Sieger des Auswahlverfahrens bestimmt habe.

Keine Bestätigung

Das Verkehrsministerium in Prag wollte die Information weder bestätigen noch dementieren. "Die Mitglieder der Kommission haben sich zum Stillschweigen verpflichtet, bis die Regierung den Vorschlag erörtert. Das soll bei der nächsten Sitzung des Ministerrates am 16. November geschehen", sagte die Sprecherin des Verkehrsministeriums, Marcela Svejnohova, zur Tageszeitung "Pravo".

Auch bei Kapsch weiß man nach eigenen Angaben noch nichts von einer Vorentscheidung. "Aber wir sind von unserem Angebot sehr überzeugt, obwohl wir beim Preisranking nur an dritter Stelle waren", sagte Kapsch-Sprecherin Brigitte Herdlicka heute zur APA. Man rechne aber nicht damit, vor dem Ministerrat nächste Woche über den Ausgang des Bieterverfahrens informiert zu werden. "Mautgeschichten sind immer politische Entscheidungen", so die Sprecherin.

Insgesamt hatten von ursprünglich 102 Interessenten nur vier ein Angebot abgegeben. Der Schweizer Mautbetreiber Fela verlangt laut der vom Prager Verkehrsministerium veröffentlichten Liste 12,6 Mrd. Kronen (429 Mio. Euro) für die Errichtung des Lkw-Mautsystems, die italienischen Autostrade 14,7 Mrd. Kronen, Kapsch 18,5 Mrd. Kronen und die Strabag (bzw. deren Betriebsgesellschaft A-Way) 28 Mrd. Kronen. Sowohl mit den Autostrade als auch mit der Strabag hatte Kapsch bei der Errichtung des Lkw-Mautsystems in Österreich kooperiert.

Preis nicht das Hauptgewicht

Laut jüngsten Medienberichten in Tschechien bewegen sich die verlangten Preise zwischen 15 und 33,7 Mrd. Kronen, wobei das Angebot von Kapsch mit 22,09 Mrd. Kronen das zweitteuerste sei. Allerdings habe der Preis bei der Bewertung der Angebot nur ein Gewicht von 60 Prozent, schreibt "Euro".

Nach den bisherigen Plänen soll die Auftragsvergabe noch heuer erfolgen, die Einführung der elektronischen Lkw-Maut in Tschechien ist für den 1. Jänner 2007 geplant. Mautpflichtig werden voraussichtlich zunächst nur Lkw über 12 Tonnen sein - wie das auch in Deutschland der Fall ist. In Österreich hingegen werden bereits Lkw ab 3,5 Tonnen höchst zulässiges Gesamtgewicht zur Kasse gebeten. Die tschechischen Mautstrecken werden in der ersten Etappe rund 970 km Autobahnen und Schnellstraßen umfassen. Ab 2008 soll die Mautpflicht dann auf insgesamt 2.100 Straßenkilometer ausgedehnt werden. Die derzeitige Vignettenpflicht gilt nur für 712 km Autobahnen und Schnellstraßen.

Vielleicht doch noch Verschiebung

"Euro" schließt jedoch nicht aus, dass sich die Einführung der Maut noch verschiebt, weil einige der ursprünglichen Interessenten gegen das Auswahlverfahren Einspruch erheben könnten - mit der Begründung, dass die Bedingungen die Anbieter von Mikrowellen-Systemen (wie jenes von Kapsch) begünstigt hätten. Kapsch-Sprecherin Herdlicka wies die Vorwürfe mit scharfen Worten zurück: "Es hat eine beispiellose Schmutzkübel-Kampagne gegeben, mit anonymen und nicht genehmigten dreckigen Plakataktionen und SMS-Sendungen an Entscheidungsträger." Auch das tschechische Verkehrsministerium hatte die Vorwürfe bereits wiederholt zurückgewiesen und betont, dass die Ausschreibung völlig korrekt und transparent sei.

Herdlicka hält die planmäßige Einführung des neuen Mautsystems in Tschechien für "absolut realistisch, wenn man noch heuer zu einer finalen Entscheidung kommt". (APA)