Prag/Olmütz - Das Brünner Kreisgericht wird sich erneut mit dem Fall des früheren tschechoslowakischen Grenzsoldaten Josef Mlcousek befassen müssen. Das hat ein Gericht in Olomouc (Olmütz) am Mittwoch angeordnet. Mlcousek war im Zusammenhang mit Schüssen auf eine Gruppe von vier DDR-Bürgern am Zusammenfluss von March und Donau im Jahr 1967 angeklagt und freigesprochen worden. Ein Ostdeutscher war dabei getötet worden.

Berufung ermöglicht Neuverhandlung

Zu dem Freispruch war es gekommen, da das Brünner Gericht zu dem Schluss gekommen war, dass es keine eindeutigen Beweise gebe, die die Schuld des heute 58-jährigen Arbeiters aus dem südmährischen Vyskov (Wischau) belegen würden. Eines der Argumente war, dass man nicht beweisen könne, dass Richard Schlenz, einer jener Ostdeutschen, die bei der slowakischen Burg Devin nach Österreich fliehen wollten, gerade durch die von Mlcousek abgegebenen Schüsse getötet worden sei. Danach bezeichnete das Gericht in Olmütz den Fall noch als verjährt. Erst nach einer Berufung der Obersten Staatsanwaltschaft befasst sich das Gericht nun erneut mit dem Fall.

Nach Auffassung der Anklage wurde Schlenz erst auf österreichischem Boden, wo man auch mehrere Kugeln gefunden habe, getötet. Dies sei auch in klarem Widerspruch zu den damals gültigen tschechoslowakischen Gesetzen gewesen. Mlcousek hat jede Schuld bestritten. Er gab nur an, er habe gemeinsam mit seinem Kommandanten auf die Flüchtlinge geschossen und sei dann selbst bis zu einem Steindach in der Mitte des Flusses geschwommen. Dort habe er Blutspuren gefunden, aber keinen der Ostdeutschen.

Diplomatische Folgen

Der Tod von Schlenz hatte 1967 zu einer Abkühlung der Beziehungen zwischen Österreich und der Tschechoslowakei geführt. Die tschechoslowakischen Behörden hatten die Ansicht vertreten, die Grenzsoldaten hätten nur ihre Pflicht getan.

Das Olmützer Gericht hat nun die Neuauflage des Prozesses mit der Begründung angeordnet, dass Mlcousek auch des Amtsmissbrauchs verdächtigt werden könnte. Die damaligen Grenzsoldaten seien berechtigt gewesen, Schusswaffen zu benützen, allerdings sei dezidiert verboten gewesen, auf das Territorium eines anderen Staates zu schießen. In diesem Fall hätten die Grenzsoldaten gegen diese Vorschrift verstoßen. Außerdem hätten sie Personen auf der österreichischen Seite in Gefahr gebracht.(APA)