Wien - Collective Identities nennt sich einer der heuer bei Wien Modern verhandelten Schwerpunkte, der eine Eingemeindung eines schon im Rahmen der "Generator"-Reihe vom Institut 5Haus angerissenen Themas darstellt. Montag, zu Beginn der Konzertserie im Schauspielhaus, schien es freilich primär um andere Anliegen als musikalische Koautorenschaft u. Ä. zu gehen.

Im Zentrum des Emotional Orchestra-Projekts der New Yorker Elektronikerin Marina Rosenfeld stand die Absage an den elitären, "geheimen" Code der Partitur als Medium: Eine fortlaufende Videoprojektion mit simplen Symbolen sollte die Übersetzung des grafischen Notats in realen Klang auch für Notenunkundige transparent machen. Ein Beispiel? Dicker Doppelstrich - langsamer Drone, dünner Doppelstrich - beschleunigter, also kurzer Liegeklang. So weit, so nachvollziehbar.

Kamen im ersten Teil der Performance mit Uli Fussenegger (Bass) und Michael Moser (Cello) zwei geschulte Instrumentalisten zu Wort, in deren Strukturen Rosenfeld zuweilen mit fiependen, an Star-Wars-Kombattant R2-D2 erinnernden Droiden-Klängen intervenierte, so oblag es im zweiten, einem rein weiblich besetzten Ensemble (Eva Jantschitsch, Angélica Castelló, Judith Unterpertinger u. a.), an - ihnen freilich unvertrauten - Streichinstrumenten die Videozeichen zum Klingen zu bringen. Bemerkenswert war, dass in beiden Sets kaum kohärente Spannungsbögen möglich schienen: Die konzeptionelle Idee war - wohl auch aufgrund zu geringer Probenzeit - attraktiver als das kraftlose Klangresultat.

Das Berliner Duo Tarwater scherte sich erst gar nicht um konzeptionelle Subtilitäten und gefiel mit seinem geradlinigen Elektronik-Pop, in dem die psychedelischen Gitarren-akkorde des Postrock wie ein ironisches Zitat aus dem Sampler kamen. Nicht zuletzt dank dieser unprätentiösen Finessen waren Bernd Jestram und Ronald Lippok die Gewinner des Abends. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2005)