Der Anteil der erneuerbaren Energie im österreichischen Stromnetz ist der höchste in Europa. Nun sollen die Regelungen für die Einspeisetarife überdacht werden.

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Lukrative Einspeisetarife haben die Produktion von Strom aus Sonne Wind und Biomasse in die Höhe schnellen lassen. Weil in der Folge auch die Kosten explodiert sind, wird nun die Förderpraxis grundlegend überdacht.

Die Ökowelle hat Österreich nun auch bei der Erzeugung von elektrischer Energie voll erfasst. Attraktive Einspeisetarife für Strom aus Sonne, Wind und Biomasse, die deutlich über den derzeitigen Marktpreisen liegen, haben im Vorjahr einen regelrechten Boom bei der Produktion von "grünem" Strom ausgelöst.

Gemessen am Gesamtenergieeinsatz liegt der Anteil der erneuerbaren Energieträger in Österreich bei knapp einem Viertel - weltweit ein Spitzenwert. Die mit Abstand bedeutendste Einzel-Energiequelle ist mit einem Anteil von rund zwölf Prozent hier zu Lande die Wasserkraft. Die übrigen Anteile von knapp 13 Prozent entfallen großteils auf biogene Brennstoffe, insbesondere auf Biomasse.

Trendwende

Eine Trendwende weg von fossilen und hin zu erneuerbaren Energieträgern hat in Österreich nach dem ersten Ölpreisschock Anfang der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts eingesetzt. Seither nimmt der Anteil von Erneuerbaren am Gesamtenergiemix kontinuierlich zu - seit dem Vorjahr sogar sprunghaft.

Kurve zeigt nach oben

In den letzten Wochen des Jahres 2004 sind beispielsweise deutlich mehr Biomasse-und Biogasanlagen genehmigt worden, als Ende 2004 insgesamt in Betrieb waren. Auch bei Windkraftanlagen zeigt die Kurve steil nach oben: Im November und Dezember 2004 wurden mehr Anlagen genehmigt, als in der bisherigen Boomzeit des Windkraft-Ausbaus 2003 und 2004 insgesamt pro Jahr errichtet wurden.

Das Gedränge bei den Förderstellen erklärt sich mit den hohen Einspeisetarifen, die bei Genehmigung einer Anlage bis Ende 2004 noch 13 Jahre lang garantiert sind. Eine Novelle zum Ökostromgesetz sah vor, dass es für später genehmigte Neuanlagen die garantierten Einspeisetarife nur noch für zehn Jahre geben sollte. Die Tarife wollte man jährlich um fünf Prozent senken. Die Novelle wurde wegen der fehlenden Zweidrittelmehrheit im Parlament zwar zwischenzeitlich schubladisiert. Der Ruf nach einer Deckelung der Ausgaben und strengeren Effizienzkriterien wird aber lauter, die Novelle könnte schon bald wieder aus der Schublade geholt werden.

Ziel übertroffen

Das Ziel, den Anteil von sonstigen erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Biomasse) an der gesamten jährlichen Stromabgabe bis 2008 auf vier Prozent zu bringen, wird voraussichtlich deutlich übertroffen. In der Regulierungsbehörde E-Control geht man davon aus, dass der Anteil der Erneuerbaren im Zieljahr bei etwa acht Prozent und damit doppelt so hoch liegen wird wie ursprünglich gewollt.

Auch die finanzielle Belastung für die Stromkunden dürfte deutlich zunehmen. Heuer liegen die Kosten für Ökostrom bei 284 Millionen Euro. Der Finanzbedarf wird nach Berechnungen der E-Control auf rund 300 Millionen Euro ansteigen, wenn im Jahr 2007 sämtliche bisher genehmigten Ökostromanlagen am Netz sind und der "Grünstrom" zu den gesetzlich fixierten, deutlich über den Marktpreisen liegenden Einspeisetarifen abzugelten ist.

Ein durchschnittlicher österreichischer Haushalt mit einem Verbrauch von rund 3500 kWh pro Jahr wird aus dem Titel "Ökostrom" derzeit direkt mit 19 Euro im Jahr belastet. 2006 werden es 26 Euro sein - ansteigend auf mehr als 30 Euro in den Folgejahren. Gemäß geltendem Ökostromgesetz sind die Einspeisevergütungen 13 Jahre lang zu zahlen.

Anteil steigt

Bezogen auf eine Gesamtabgabemenge aus öffentlichen Netzen an Endverbraucher im Jahr 2006 von voraussichtlich 53.500 Gigawattstunden bedeutet die insgesamt unterstützte Ökostrommenge in Höhe von knapp 8000 Gigawattstunden einen Anteil von 14,9 Prozent. Davon entfallen 8,2 Prozent auf Kleinwasserkraft, 6,6 Prozent auf "sonstigen" unterstützten Ökostrom.

Weitere Steigerungen sind durch bereits genehmigte Ökostromanlagen, die aber erst 2006 und 2007 in Betrieb gehen, zu erwarten. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.11.2005)