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Foto: epa/Foley
Wien – "Vielleicht lebst du in einem harten Stadtviertel, wirst bedroht und verprügelt. Vielleicht wirst du gemobbt und verlierst deinen Job": Im friedlichen Ambiente des Wappensaals im Wiener Rathaus erzählte Ariane van der Veen von den Gefahren, die mit einer Geschlechtsumwandlung einhergehen.

Die prekäre Reise von einer Geschlechtszugehörigkeit zur anderen – bei ihr vom Mannzum Frausein – hat die niederländische Psychologin selbst gemacht.

"Möglichst wenig Zwang"

"Du kannst im Vorhinein nicht wissen, wie weit du in deiner Veränderung wirklich gehen kannst und willst“, sagt sie. Daher sollten Behörden und Mediziner möglichst wenig Zwang ausüben, forderte Van der Veen als eine von 150 Delegierten aus 24 Ländern zur gesamteuropäischen Transgenderkonferenz, die von 3. bis 6. November in Wien tagte.

Erstmals wurde der Versuch unternommen, die politischen Forderungen kontinentweit zu vereinheitlichen. Dass der Weg in die gesellschaftliche Normalität ist noch weit ist, zeigte sich während des Kongresses.

Eineinhalb Tage vor der groß angekündigten Feier ging den Konferenzorganisatoren der Veranstaltungsort verloren. Die Geschäftsführung des Lokals Andino habe die Veranstalter plötzlich als "nicht seriös" bezeichnet, ärgerte sich TransX-Obfrau Eva Fels. Andino-Geschäftsführer Klemens Baier: Mit „dem Herrn oder Dame“ von TransX habe er "nie einen Vertrag unterzeichnet". Das Fest wurde ins Aids Hilfe Haus verlegt.

Kein Glamour

Nüchtern und konzentriert indes war die Stimmung im Wappensaal. Kein Glamour, stattdessen viele weibliche Personen über 1,80 Meter in Jeans – und eher kleinere männliche in lässiger Freizeitkleidung. Gefordert wurde mehr und effektiverer rechtlicher Schutz vor Verfolgung durch entsprechende Anpassung der Antidiskriminierungsbestimmungen.

Skandalös sei, dass Transgenderpersonen in der Türkei mittels eines Paragrafen gegen „obszönes Verhalten“ immer noch aus der Gesellschaft ausgeschlossen würden. Zudem sollten auch die Mediziner ihre Rolle als Hüter der Geschlechterordnung überdenken. In Österreich obliegt es zwei Experten des Wiener Instituts für Gerichtsmedizin einzuschätzen, ob eine Annäherung an das neue Geschlecht weit genug gediehen ist, um einen Personenstandswechsel samt Annehmen eines neuen Vornamens zu rechtfertigen. Da sie das Okay nur nach geschlechtsumwandelnden Eingriffen gewährten, bestehe de facto „Operationszwang“, den der Kongress ablehnte. Stattdessen wurde das Recht auf „eigenverantwortliche freie Wahl des Vornamens“ gefordert. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 07.11.2005)