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Foto: APA/MATTHIAS SCHRADER
Wien - Sozialministerin Ursula Haubner hat vergangene Woche mit ihren Vorschlägen zur Neuregelung der Schwerarbeit für Aufsehen gesorgt. Besonders kritisiert wurde ihr Vorhaben, den Kalorienverbrauch als ein Kriterium für die Bestimmung von Schwerarbeit heranzuziehen. Frauen müssten demnach 1.400 Kalorien pro Tag verbrauchen, um in den Genuss der Schwerarbeiterregelung zu kommen. die Standard.at hat bei der ÖGB-Expertin Dinah Djalinous-Glatz nachgefragt, welche Auswirkungen die Schwerarbeiternovelle Marke BZÖ auf Frauen hätte. Im Prinzip vorerst keine, lautet ihr Resumee:

dieStandard.at: Grundsätzlich: Wie sehen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Frauen zur Erreichung der Schwerarbeit aus?

Djalinous-Glatz: In Zukunft wird es zwei Schwerarbeiterregelungen geben. Die 'Schwerarbeiterregelung alt' wurde im Zuge der Pensionsreform 2003 beschlossen und bleibt weiter in Kraft. Die 'Schwerarbeiterregelung neu' wurde im Zuge der Pensionsharmonisierung beschlossen. Bei beiden Schwerarbeiterregelungen soll die Definition, wer SchwerarbeiterIn ist, durch Verordnung der Sozialministerin erfolgen.

Derzeit ist lediglich festgelegt, wie viele Versicherungsjahre bzw. Beitragsjahre man grundsätzlich benötigt, um überhaupt unter die Schwerarbeiterregelung fallen zu können.

Unter die Schwerarbeiterregelung alt fallen Männer, die nach dem 30. Juni 1950 und vor dem 1. Jänner 1959 geboren wurden, und Frauen, die nach dem 30. Juni 1955 und vor dem 1. Jänner 1964 geboren wurden. Männer müssen zumindest 45 bzw. 40 (Frauen) Beitragsjahre erworben haben und mehr als die Hälfte der Beitragsmonate auf Grund von Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden, nachweisen können, um mit 60 (Männer) bzw. mit 55 (Frauen) Jahren in Pension gehen zu können. Für die 45 bzw. 40 Beitragsjahre werden wie bei der 'Hacklerregelung' auch Zeiten des Wochen-geldbezuges, Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes bis zu 30 Monaten und Kindererziehungszeiten bis zu 60 Monaten berücksichtigt.

Der frühest mögliche Pensionsantritt auf Grund der 'Schwerarbeiterregelung alt' ist der 1.7.2010. Erfüllt man als Mann die Anspruchsvoraussetzungen für die 'Schwerarbeiterregelung alt', dann erfüllt man auf jeden Fall auch jene für die 'Schwerarbeiterregelung neu', da die Anspruchsvoraussetzungen für die Versicherten günstiger sind.

Schwerarbeiterregelung neu

Um die 'Schwerarbeiterregelung neu', die mit 1.1.2007 in Kraft tritt, in Anspruch nehmen zu können, benötigt man 45 Versicherungsjahre (Versicherungszeiten sind neben Zeiten der Erwerbstätigkeit auch Zeiten des Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfe- oder Krankengeldbezuges von der Gebietskrankenkasse) – und somit nicht reine Beitragsjahre – und davon mindestens 15 Jahre Schwerarbeit. Pro Jahr der Schwerarbeit verringert sich das Antrittsalter bei der Schwerarbeit um 3 Monate, frühestens ist jedoch ein Pensionsantritt zum 60. Lebensjahr möglich. Für Frauen hat bis 2024 die 'Schwerarbeiterregelung neu' keine Bedeutung, da bis dahin das Regelpensionsalter der Frauen 60 Jahre ist.

Für Frauen ist bis 2024 also nur die Schwerarbeiterregelung alt relevant. Für die Schwerarbeiterregelung alt muss man als Frau 40 Beitragsjahre (inklusive Zeiten des Wo-chengeldbezuges und 60 Monate der Kindererziehung) in der Pensionsversicherung erworben haben und zusätzlich mehr als die Hälfte der Beitragsmonate Schwerarbeit geleistet haben. Hat beispielsweise eine Frau Arbeitslosenzeiten und/oder Krankengeld von der Krankenkasse bezogen, hat sie keine Chance auf Grund der Schwerarbeiterregelung mit 55 in Pension gehen zu können.

dieStandard.at: In Punkto Schwerarbeiterregelung neu: Können Frauen denn von den Kriterien wie Taktarbeit, psychische Belastung bei Pflegetätigkeit, etc. profitieren?

Djalinous-Glatz: Die Bundesministerin hat die Verordnung noch nicht erlassen. Derzeit finden zwischen dem Ministerium und den Sozialpartnern Gespräche statt, wer unter die Verordnung fallen soll. In dieser Frage gibt es jedoch keinen Konsens zwischen den Sozialpartnern.

Aus Sicht des ÖGB sollten neben Personen, die schwere körperliche Arbeit leisten (Männer: 2.000 kcal, Frauen: 1.400 kcal) auch beispielsweise Menschen, die eine psychisch besonders belastende Arbeit verrichten oder in der Nacht oder im Akkord arbeiten oder erkrankte Menschen mit einem besonderen Behandlungsbedarf betreuen, unter die Schwerarbeiterregelung fallen. Grundsätzlich wäre es für Frauen positiv, wenn etwa die Betreuung von erkrankten Menschen als Schwerarbeit anerkannt werden würde, weil gerade in Pflegeberufen viele Frauen tätig sind, aber selbst wenn dieses Kriterium in die Schwerarbeitsverordnung aufgenommen wird, wird es für Frauen auf Grund der oben beschriebenen ungünstigen gesetzlichen Rahmenbedingungen sehr schwierig sein unter die Schwerarbeiterregelung zu fallen.

dieStandard.at: Wie lauten Ihre Empfehlungen angesichts der Lage?

Djalinous-Glatz: Aus Sicht des ÖGB müssten zuerst die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Schwerarbeitsregelung geändert werden. Diese Änderung sollte folgende Punkte umfassen:
  • Auch schwer arbeitenden Frauen muss ein vorzeitiger Pensionsantritt auf Grund von Schwerarbeit möglich sein und darf nicht daran scheitern, dass nicht reine Beitragsjahre sondern auch Versicherungsjahre vorhanden sind.
  • Schwerarbeit muss auch bei der Berechnung von Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspensionen berücksichtigt werden.
  • ArbeitgeberInnen, die Schwerarbeit verlangen, haben einen höheren Pensionsbeitrag zu bezahlen.
  • SchwerarbeiterInnen müssen ohne Abschläge vorzeitig in Pension gehen können.

    Des Weiteren sollten als Schwerarbeit jedenfalls folgende Tätigkeiten gelten:

  • unregelmäßige Arbeitszeiten und Nachtarbeit
  • besonders belastende Bedingungen wie z.B. Hitze, Kälte, Lärm usw.
  • schwere körperliche Arbeit
  • besonders gefährliche Arbeitsbedingungen und
  • besondere psychische Belastung oder Stress
  • Akkord- und taktgebundene Arbeit