London - Die britische Polizei hat nach Aussage des Londoner Polizeichefs Sir Ian Blair in den vergangenen Wochen mehrere Terroranschläge verhindert. Es gebe Hinweise, dass verschiedene Gruppen in den kommenden Monaten weitere Terrorattacken in Großbritannien planten, schrieb er am Mittwoch in der Online-Ausgabe der Zeitung "The Sun". Er forderte mehr Befugnisse für die Polizei im Kampf gegen Terror, damit sich die Anschläge vom 7. Juli nicht wiederholten. Damals waren bei Selbstmordattentaten in der U-Bahn und einem Bus 52 Menschen getötet worden.

Diskussion im Parlament zu Gesetzesverschärfungen

Sir Ian Blair unterstützte die von der Labour-Regierung geplante Verschärfung der Antiterror-Gesetze, die unter anderem vorsieht, Terrorverdächtige 90 Tage ohne Verfahren unter Arrest zu halten. Dieses Vorhaben war am Mittwoch im britischen Parlament kontrovers diskutiert worden. Nicht nur die Opposition, sondern auch etliche Labour-Parlamentarier lehnten die Regierungsvorlage ab.

Regierung zu Kompromiss bei Anti-Terror-Gesetzen bereit

Nach erneutem heftigen Widerstand im britischen Unterhaus gegen die neuen Anti-Terror-Gesetze hat sich die Regierung von Premierminister Tony Blair kompromissbereit gezeigt. Nachdem zwei Gesetze des Pakets am Mittwoch nur mit äußerst knapper Mehrheit vom Parlament verabschiedet wurden, schlug Innenminister Charles Clarke ein fraktionsübergreifendes Treffen vor, in dem vor allem über die umstrittenen Haftregeln für Terrorverdächtige diskutiert werden soll. "Wir brauchen in dieser Frage eine Einigung, denn wir benötigen eine starke, konsensfähige Entscheidung", sagte Clarke.

Besonders umstritten ist im Unterhaus ein geplantes Gesetz, dass es der Polizei ermöglichen soll, Terrorverdächtige bis zu 90 Tagen ohne Anklage festzuhalten. Bisher ist dies nur für die Dauer von zwei Wochen möglich. Clarke schlug in der Debatte vor, Vertreter aller Parteien sollten in den kommenden sieben Tagen Gespräche über eine mögliche Kompromisslösung führen. Die Kritiker des Gesetzes zogen daraufhin einen Vorschlag, die Zeit der Haft ohne Anklage auf 28 Tage festzulegen, zunächst zurück.

Clarke zeigte sich zu den weiteren Verhandlungen bereit, nachdem zwei Gesetze des Pakets nur mit äußerst knapper Mehrheit im Parlament durchgekommen waren: Ein Gesetz, demzufolge allein die Absicht eine terroristische Straftat zu begehen, strafbar sein soll, wurde mit nur einer Stimme Mehrheit verabschiedet - eine so dünne Mehrheit hat die Labour-Partei seit ihrem Regierungsantritt 1997 nicht verzeichnet. Ein Gesetz, das die Verherrlichung von Terrorismus verbietet, passierte das Parlament mit einer Mehrheit von nur 16 Stimmen.

Erste Hürde hat Gesetzespaket bereits genommen

Das Gesetzpaket hatte in der vergangenen Woche auch dank der Unterstützung einiger Konservativer die erste Hürde im Unterhaus genommen. Die Tories befürchten jedoch weiterhin eine unnötige Kriminalisierung Unschuldiger und fordern eine Abschwächung einiger in dem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen. In der kommenden Woche soll das Paket erneut im Unterhaus diskutiert werden. Mit der strengen Anti-Terror-Gesetzgebung reagiert die Regierung Blair auf die Attentate in London vom 7. Juli, bei denen vier Selbstmordattentäter 52 Menschen in den Tod gerissen hatten. (APA/AP/dpa)