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IV-Präsident Veit Sorger will, dass die Attraktivität des Standorts Österreich erhalten bleibt.

Foto: APA/Barbara Gindl

Infografik: Konjunkturklima Industrie

Grafik: Der Standard
Wien - Privatisierung ist nicht gleich Privatisierung. Selbst Industriepräsident Veit Sorger, ein ausgewiesener Privatisierungsbefürworter, der als Aufsichtsrat der staatlichen Industrieholding ÖIAG an den Verkaufsprozessen der Republik maßgeblich beteiligt ist, trifft hier seine Differenzierungen.

Was den verbliebenen Staatsanteil an der Telekom Austria angeht, sieht Sorger "keine dringende Notwendigkeit" zur Privatisierung. Noch vor Kurzem hatte Sorger eingemahnt, den Verkauf der 25 Prozent der Republik an der Telekom "nicht aus den Augen zu verlieren". Er sage dies als IV-Präsident, nicht in seiner ÖIAG-Rolle, so Sorger.

Post-Börsengang "zum baldestmöglichen Zeitpunkt"

Ganz anders seine Sicht bei der Post: Sorger hält das neue, aber umstrittene Postgesetz für eine gute Grundlage für einen Börsengang. Dieser sollte aus Sicht der Industrie "zum baldestmöglichen Zeitpunkt" über die Bühne gehen.

Überhaupt wären bisher‑ "alle Privatisierungsprojekte zum richtigen Zeitpunkt" abgewickelt worden, selbst die Voest, die ja mitten im oberösterreichischen Wahlkampf verkauft worden war, sei eine Erfolgsstory. Ebenso würde der heimische Kapitalmarkt von einer absehbar "stabilen" Post-Aktie - inklusive Mitarbeiterbeteiligung - profitieren, sagte Sorger im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Ebenfalls auf der Privatisierungswunschliste der Industrie stehen die Anteile der Länder an ihren Energieversorgungsunternehmen. Doch auch hier gelten wieder ganz eigene Spielregeln, scheren sich doch die meisten Landeshauptleute wenig bis gar nicht um die Verkaufsaufforderungen aus Wien.

Konjunktur schwächelt

Deutlich verschlechtert hat sich der quartalsweise erhobene Konjunkturindikator der Industriellenvereinigung (IV) - von 23,1 auf 17,5 Indexpunkte. Sorger und IV-Generalsekretär Markus Beyrer sprechen dennoch von einer "Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau".

Insbesondere die Geschäftslage in sechs Monaten wird von den knapp unter 500 befragten Unternehmen pessimistischer eingeschätzt als noch im 2. Quartal, dafür liegen Auftragsbestände und vor allem Auslandsaufträge gut im Rennen.

"Attraktivität halten"

Die IV mahnt die Politik indes alles zu unternehmen, um den Wirtschaftsstandort insbesondere für die wenigen Konzerne Österreichs attraktiv zu halten. Neben den Themen Arbeitszeitflexibilisierung, Energiekosten und -verfügbarkeit, Infrastruktur und Forschung erinnerte Sorger hier vor allem an die alte Lohnnebenkostendebatte.

Der Industrie schwebt hier ein neuer Angriff auf die Wohnbauförderung vor. Zum Thema Flat Tax habe man sich noch keine abschließende Meinung gebildet.

Im Kern sollen der Wohnbauförderbeitrag und damit die Lohnnebenkosten sinken und gleichzeitig neue steuerliche Anreize Richtung Wohnraumsanierung statt -neubau gesetzt werden. Die budgetären Kosten dafür liegen im nicht näher spezifizierten dreistelligen Millionen-Euro- Bereich. (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 03.11.2005)