Der steirische Landeshauptmann Voves überreicht sein rotes Hufeisen feierlich an Gusenbauer: "Da. Jeder hat mir das Hufeisen als Sieger zurückgegeben. Du gibst es mir als Kanzler zurück."

Der bessere Bundeskanzler mit der besseren Politik für Bildung, Arbeitsplätze und Gesundheit: So präsentiert die SPÖ Alfred Gusenbauer bei ihrem Start in den Vorwahlkampf. Eine staatstragende Inszenierung – mit ein paar kritischen Zwischentönen.

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Wien – Herr Franz ist extra aus dem Burgenland nach Wien gekommen. Zeit hat er als Pensionist, seine Freunde aus Neutal waren auch mit im Bus – und er sieht sich ein bisschen als Glücksbringer: "74 Prozent haben wir bei uns."

Von so einem Wahlsieg im Bund träumen nicht einmal die größten Optimisten. Den Schwung aus den drei Landtagswahlen will die SPÖ trotzdem nicht verebben lassen – und startet gleich nach dem roten Oktober in den Vorwahlkampf des November. Dafür ist, neben dem Burgenländer- Bus, die Parteiprominenz bis Salzburg am Freitag ins Siemens-Forum nach Wien gereist. Die Kärntner fehlen, wegen Obmannsuche entschuldigt; Tirol und Vorarlberg fehlen auch, aber da hat die SPÖ ohnehin nicht viel zu melden.

"Move on"

"Move on", so blinken die Siemens-Slogans im Saal. Überstrahlt werden sie am Freitag von den roten Wahlslogans – und von den großen Alfred-Gusenbauer-Plakaten. Er kann es, er kann es besser als Wolfgang Schüssel – das ist die Botschaft, die die SPÖ unter die Funktionäre und danach unter die Wähler bringen will. Und damit parteiintern erst gar nicht die Frage aufkommt, wer denn Spitzen- und Kanzlerkandidat ist, wird Gusenbauer ab kommender Woche österreichweit plakatiert. Ganz als volksnaher Staatsmann, ganz als zukünftiger Regierungschef.

Die Jugendarbeitslosigkeit will er halbieren, das derzeitige "Schlachtfeld" Bildung vergessen machen und die Zwei- Klassen-Medizin bekämpfen – so probte Gusenbauer beim Heimspiel vor Genossen Wahlkampfreden.

Tabuthema Migration

Und erntete höflichen Applaus. Die SPÖ-Themen für die Nationalratswahl, ob sie nun im Oktober 2006 oder früher, wie manche Rote hoffen, stattfindet, sind damit gesetzt: Wirtschaft, Bildung, Gesundheit. In allen drei Bereichen wirft Gusenbauer der Schüssel-Regierung vor, zu versagen und die Zukunft Österreichs zu verspielen. "Österreich verdient eine bessere Zukunft" ist der Slogan, in dem die Botschaft verdichtet ist – umgesetzt nicht im knalligen Parteirot, sondern in Plakaten voller Brauntönen, im selben Stil (und von derselben Agentur) der Bundespräsidentschaftskampagne.

Rotes Hufeisen

Das Thema, das seit der Wien-Wahl hitzig diskutiert wird, ist auf den Plakaten nicht präsent – dafür intern: Migration. "Wir müssen lauter sagen, dass Schwarz-Blau- Orange die billigen Saisonniers ins Land holt", zieht SP- Geschäftsführerin Doris Bures ihre Schlüsse. Auch Josef Broukal will die "Warnung" der Wähler "ernst nehmen" und "mehr erklären". Denn: "Nach rechts rücken soll die SPÖ nicht – das sollten wir aus den 90ern gelernt haben."

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves, der von der Angelobung beim Bundespräsidenten ins Siemens-Forum eilte, hat seine eigenen Ideen: "Wir müssen schauen, dass wir Migranten auch in bürgerlichen Bezirken ansiedeln. Nicht nur in Arbeiterbezirken wie Simmering." Das war nicht die einzige Ohrfeige, die Voves für Parteifreund Michael Häupl parat hatte: "Die Wien-Wahl war der Warnschuss, dass wir uns auf guten Umfrage-Ergebnissen nicht zurücklehnen dürfen."

Wobei – vielleicht hatte Häupl nur nicht den richtigen Glücksbringer, an Burgenlands Hans Niessl hat Voves sein rotes Hufeisen verborgt – "wenn ich's dem Michl gegeben hätt' ..". An Gusenbauer überreichte es Voves Freitag mit großer Geste: "Da. Jeder hat mir das Hufeisen als Sieger zurückgegeben. Du gibst es mir als Kanzler zurück."

Herrn Franz hat die Veranstaltung jedenfalls gefallen. Die Plakate weniger, "zu viel Text, das liest keiner". Die Gusenbauer-Rede schon: "Der ist viel besser als im Fernsehen." (DER STANDARD, Printausgabe 29./30.10.2005)