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Internetprovider dürfen ihren Kunden nur jene Leistungen verrechnen, die diese tatsächlich angefordert haben, lautet ein jüngst gefälltes richtungweisendes Urteil des Handelsgericht Wien, das auch für andere Dienstleister von Bedeutung sein könnte.

Ärger

Ins Rollen gebracht hatte den Fall der Wiener Unternehmer Josef Hirnschall. Er ist Kunde bei der Telekom Austria mit einem "Aonline Speed plus"-Internetzugang. Für diesen zahlt er einen monatlichen Pauschalbetrag für eine gewisse Datenmenge, darüber hinaus gehendes Downloadvolumen wird extra abgerechnet. Im April staunte der Unternehmer nicht schlecht, als ihm plötzlich eine Rechnung über knapp 2200 Euro ins Haus flatterte - ein Vielfaches der üblichen Summe.

Attacke

Auf der Suche nach der Ursache für die hohe Rechnung stellte sich heraus, dass ungewöhnlich große Datenmengen über Hirnschalls Internetzugang übermittelt wurden. Allerdings nachweislich zu einer Zeit, als weder der Unternehmer, seine Mitarbeiter noch Gäste den Anschluss nutzten.

Rückgabe

Für den Unternehmer lag die Vermutung nahe, Opfer eines Hackers bzw. einer Portscan- oder Ping-Attacke geworden zu sein. "Herr Hirnschall wollte das automatisch abgebuchte Geld natürlich von der Telekom zurück, weil weder er selbst noch seine Mitarbeiter oder sonst jemand, der mit ihm in Verbindung steht, den Datentransfer veranlasst hat", berichtet sein Anwalt Johannes Neumayer.

Bedingungen

In der ersten Instanz berief sich die Telekom Austria auf die mit dem Kunden vereinbarten Geschäftsbedingungen. Diese sehen vor, dass Downloads auch dann verrechnet werden dürfen, wenn sie nicht durch das Verhalten des Benutzers bzw. Kunden erfolgt sind. Das Gericht schloss sich dieser Sichtweise an und wies die Klage ab. Unter anderem mit der Begründung, dass bei der Rechnung kein Fehler festgestellt werde könne und der Unternehmer die falsche Verrechnung beweisen müsse.

Sittenwidrig

Hirnschall wollte sich damit allerdings nicht geschlagen geben. Er berief und hatte Erfolg damit. "Das Gericht stieß sich genau an jenem Passus im Vertrag, der eine Entgeltpflicht für jeden Datentransfer vorsieht, egal ob der Kunde den Download veranlasst hat oder nicht. In den Augen der Richter ist das sittenwidrig", erklärt Neumayer.

Urteil

Zur Begründung wurde eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken herangezogen (RdW 2000/576). Demnach dürfen Banken das technische Risiko der Telekommunikationsgeräte nicht auf die Kunden abwälzen.

Nachweis

Künftig ist es also an den Providern nachzuweisen, dass die heruntergeladenen Daten auch tatsächlich von der IP-Adresse des Kunden verursacht wurden. Allerdings haben beide Vertragspartner für entsprechende Vorkehrungen zu sorgen, um etwaigen Missbrauch zu verhindern. (DER STANDARD Printausgabe, 28.10.05)