Brüssel - Massiver Protest gegen die Rentenpläne der Regierung hat das öffentliche Leben in Belgien am Freitag weitgehend lahm gelegt. In Brüssel demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben gut 100.000 Menschen gegen die Absicht des liberalen Premierministers Guy Verhofstadt, die Altersgrenze für Frührentner von 58 auf 60 Jahre anzuheben. Die Polizei sprach von mehr als 80.000 Demonstranten, die aus allen Landesteilen in die Hauptstadt gekommen waren.

Die belgische Staatsbahn SNCB fuhr nach Angaben des flämischen Rundfunksenders VRT planmäßig, um alle Streikenden zur Demonstration in Brüssel zu bringen. Sie setzte zusätzliche Waggons und 15 Sonderzüge ein. Die Brüsseler U-Bahn sowie Busse und Straßenbahnen der regionalen Verkehrsgesellschaften hatten ihren Betrieb hingegen so gut wie eingestellt. In allen großen Industriebetrieben, darunter dem Opelwerk in Antwerpen und der VW-Fabrik in Brüssel, legten die Beschäftigten nach Gewerkschaftsangaben ebenfalls die Arbeit nieder.

"Die Regierung kann nicht taub bleiben angesichts einer solchen Mobilisierung und muss ihre Philosophie ändern", sagte der Generalsekretär der sozialistischen Gewerkschaft FGTB, Jean-Claude Vermeeren. Seine Kollegin von der christlichen Gewerkschaft CSC, Josly Piette, sprach von einer deutlichen Botschaft an die Adresse der Regierung. Andere Gewerkschafter schlossen weitere Aktionen im November nicht aus, falls die Regierung an ihren Pläne festhalte.

Kritik zog auch der Geschäftsführer der Brüsseler Industrie- und Handelskammer, Olivier Willocx, auf sich. Der Unternehmervertreter beobachtete die Demonstranten aus einem Hubschrauber, um mögliche Gesetzesverstöße festzustellen. Das sei eine Posse: "Olivier Willocx hält sich für Ra's al Ghul, den Bösewicht aus der Batman-Reihe", erklärte die Gewerkschaft FGTB. Die Kammer teilte nach dem Flug mit, die erwarteten Verstöße seien ausgeblieben. Der Schaden des Streiks für die Wirtschaft belaufe sich dennoch auf 160 Millionen Euro. (APA/dpa)