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Foto: APA/Herbert P. Oczeret
Wien - "Die haben ja gar nicht alle Platz." Verwundert betrachtet eine noch sehr junge Besucherin die Menschenmassen vor dem Parlament. Damit sollte sie Recht behalten. Aber es ist Nationalfeiertag, und die Nation wartet gern. Ein bisschen Jammern gehört natürlich dazu, und die Menschenschlange vor dem Parlament scheint kein Ende zu nehmen. Eine Stunde Wartezeit. Mindestens. Aber "jetzt sind wir eh schon auf dem Gehsteig", ermutigt eine Mutter ihren kleinen Sohn. Doch der Weg in die bedeutendsten Hallen der Republik ist noch weit, der Langosgeruch vom Heldenplatz sehr reizvoll.

Also ab ins Getümmel um die Leistungsschau des Bundesheers. Zwischen Brezenbuden, Curryreisgeruch, schlammgrünen Zelten und ebenso schlammgrünen Maschinen schiebt sich die Menge vorwärts, um auf die Angelobung der neuen Rekruten noch einen Blick zu erhaschen. "Ich gelobe", schallt es über den Platz, dann folgt die Bundeshymne. Eltern senken ernst den Blick auf die Köpfe ihrer Kinder: "Kannst du das denn überhaupt noch?"

Auf der Videowall erscheinen Bundespräsident Heinz Fischer, Vizekanzler Hubert Gorbach, auch sie bewegen vorbildhaft ihre Lippen.

Aber da sind die Feierlichkeiten auch schon vorbei. Die Ehrenkompanie tritt ab, nachdem auch der Europäische Gedanke durch "Freude, schöner Götterfunken" seinen Platz am Nationalfeiertag ergattert hat.

Zeit, um sich die Machtdemonstration des Bundesheers genauer anzusehen. Nicht nur Bundesheerbefürworter geben sich auf dem Heldenplatz ein Stelldichein. "Sie verprassen unsere Steuergelder", empört sich ein beleibter Mann mit Fotoapparat und verlangt eine Erklärung von einem eigentlich für technische Auskünfte anwesenden Soldaten. "Wir brauchen keine Abfangjäger. Mit dem Geld sollte man lieber arbeitslose Jugendliche unterbringen", stimmt ihm seine Frau zu.

"Aber das sind ja alles nur Parolen! Wo wollen Sie den hin mit den Arbeitslosen", ruft ein alter Mann und gesellt sich zur illustren Runde. Aber man brauche doch diese Luftabwehr allein deswegen, um Gastland für internationale Veranstaltungen sein zu können, beschwichtigt ein Zuhörer. "Sie leben in einer völlig irrationalen Welt", wirft der Mann mit Fotoapparat dem Soldaten vor - doch dieser hat sich bereits abgewendet.

Die ersten Regenwolken ziehen auf, und zu den bedrohenden Klängen von "Also sprach Zarathustra" fliegt die erste Fliegerstaffel über die Köpfe der Wartenden hinweg. Die Militärparade hat begonnen. Als die heiß diskutierten, im Moment nur ausgeborgten Eurofighter den Himmel verdunkeln, folgt die Leistungsschau zu Land: 4000 Soldaten paradieren - und da wird geschaut, nicht mehr diskutiert. (Stefanie Panzenböck, DER STANDARD - Printausgabe, 27. Oktober 2005)