London (APA/dpa/AFP) - Drei große Gefahrenquellen haben die Militärforscher des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) in ihrer jährlichen Studie "The Military Balance" herausgearbeitet. In dem Bericht 2005/2006, der am Dienstag in London vorgestellt wurde, nannten die Experten den globalen Terrorismus, die Instabilität des Irak, die die ganze Region anstecken könne, und die Risiken durch die Weiterverbreitung von Atomwaffen.

Eine Atombombe in den Händen des Iran würde nach Einschätzung der renommierten Wissenschaftler des IISS den Wettlauf um Nuklearwaffen in der Krisenregion am Persischen Golf weiter anheizen. Dies könnte geschehen, wenn die Bemühungen um einen atomwaffenfreien Iran scheitern. Die Türkei und Saudiarabien gehörten zu den Staaten, die dann "ihre eigenen Optionen" auf Nuklearwaffen überdenken würden, sagte IISS-Direktor John Chipman.

Nach Einschätzung des Instituts ist es derzeit "unwahrscheinlich", dass die diplomatischen Bemühungen der Europäer zum Atomprogramm des Iran den gewünschten Erfolg bringen werden. Großbritannien, Frankreich und Deutschland versuchen seit knapp einem Jahr, Teheran davon abzubringen, ein möglicherweise auch militärisch nutzbares Urananreicherungsprogramm voranzutreiben. Institutsdirektor Chipman forderte weitere Staaten auf, den Druck auf Iran zu erhöhen.

Bisher laufen die Verhandlungen im Atomstreit mit dem Iran über die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO bzw. IAEA) in Wien. Das Institut sprach sich dafür aus, den Fall vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen, falls die Islamische Republik nicht kooperiere. Dieser könne die Prüfung von Plänen für Raketen fordern, die Atomwaffen tragen können.

Das Anrufen des Sicherheitsrates wird bisher von Russland und China abgelehnt. Nach Einschätzung des IISS ist der Iran aber allein aus technischen Gründen noch "mehrere Jahre" davon entfernt, genug spaltbares Material für eine Atombombe produzieren zu können. Es gebe Zeit für Diplomatie, heißt es im Jahresbericht über die Stärke der Armeen der Welt.

Noch lange US-Militärpräsenz im Irak

Für den Irak zeichnete das IISS auch für die Zukunft ein Bild großer Instabilität: Die Experten gehen davon aus, dass sich die drei großen Bevölkerungsgruppen - Schiiten, Kurden und sunnitische Araber - weiter voneinander entfernen. Militärisch würden die Aufständischen ihre Technik modernisieren.

Nach den Einschätzungen wird es noch eine weitere, jahrelange Militärpräsenz der USA im Irak geben. Selbst nach dem Ende der Amtszeit von Präsident George W. Bush im Jänner 2009 würden voraussichtlich noch "einige weitere Jahre" große Truppenverbände im Irak stehen, sagte IISS-Studienleiter Patrick Cronin.

Das Ziel der Koalitionstruppen, militärische Aufgaben verstärkt der irakischen Armee zu überlassen, lasse sich schwer umsetzen. "Die irakischen Sicherheitskräfte bleiben weithin unfähig zu unabhängigen Aktionen", schreiben die Militärforscher weiter. Die Prognose: Nicht Waffengewalt, sondern nur langwierige politische Verhandlungen könnten die Kämpfe im Irak beenden. Die US-Dominanz sollte hierbei durch die Diplomatie einer "internationalen Kontaktgruppe" abgelöst werden.