Buhmann deutscher Presse: Der Wiener Grabner will den Gewinn bringenden Berliner Verlag britischem Sanierer verkaufen.

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Das ist der Mann, vor dem auch deutsche Kulturminister warnen: David Montgomery schürt Sorge um "Berliner Zeitung" & Co.

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Zeitungsverkäufer spielt der Wiener Michael Grabner derzeit. In den nächsten Tagen will der Holtzbrinck-Manager den Berliner Verlag trotz heftiger Proteste an Finanzinvestoren abtreten.

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Als "Nebenerwerbsantiquitätentischler" will sich Michael Grabner betätigen, wenn er nicht mehr zweithöchster Manager der deutschen Verlagsgruppe Holtzbrinck ist. Schnitzer unterliefen dem barocken Österreicher schon jetzt, obwohl der 57-Jährige erst mit 60 zum Hobel greifen wollte.

Eine "Lizenz zum Gelddrucken" nannte Grabner einmal die Mediaprint. Einer ihrer Baumeister war er selbst: Als "Kurier"- und später auch Mediaprint-Manager half er tatkräftig, Vertrieb, Anzeigen, Druck und Verwaltung seines Blattes mit jenen des bisherigen Erzfeindes "Krone" zusammenzuführen.

Das Modell schwebte Grabner vor, als er zum maroden Berliner Holtzbrincktitel "Tagesspiegel" der Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr den Berliner Verlag mit "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" 2002 abkaufte. Oder besser: kaufen wollte. Das Kartellgericht untersagte den Zusammenschluss. "Vor dem deutschen Kartellamt wäre eine solche Magazinlösung nicht denkbar", hatte Grabner noch im Herbst 2001 im STANDARD zur Wiener Formil-Fusion erklärt: "Im deutschen Bundeskartellamt sitzen wirkliche Medienfachleute."

Die Berliner Mediaprint hätte freilich auch nicht die Nummer 1 und 2 des nationalen Zeitungsmarktes zusammengeführt wie die Mediaprint Ende der Achtzigerjahre. Deutschen Kartellrichtern reicht schon regionale Dominanz im Segment der Abozeitungen. Grabners ebenso österreichischer Versuch scheiterte, eine Lockerung des Kartellgesetzes zu erreichen.

Heuschrecke: Als rein renditefixierten Finanzhai fürchten nicht nur "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" den Briten David Montgomery. Doch Grabner hat ihm die Blätter versprochen.

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So unfreundlich wurden potenzielle Eigentümer noch selten begrüßt: Den Empfang des Verlags S. Fischer bei der Frankfurter Buchmesse störten Demonstranten mit Verbotsschildern für Heuschrecken auf ihren Transparenten. S. Fischer gehört wie Berliner Zeitung und Berliner Kurier, deren Mitarbeiter da demonstrierten, zur Verlagsgruppe Holtzbrinck. Die Heuschrecke, die sie meinen, heißt David Montgomery.

SPD-Chef Franz Müntefering griff für renditefixierte ausländischer Investoren zur Insektenkunde. Motto: Kaufen, brutal sparen, verkaufen. Exakt das erwartet die Belegschaft des Berliner Verlags von ihm. Und mit ihr ein großer Teil der deutschen Presse. Nun gesellte sich die deutsche Kulturministerin Christina Weiss zu den Warnern.

Der 58-jährige Montgomery sanierte den Konzern Robert Maxwells nach dessen Tod ziemlich brutal. Von "Blutbädern" war die Rede. Davon berichteten nun jene Blätter ausführlich, die er kaufen will.

Der britische Finanzpartner 3i sprang Freitag ab, nun hat der Brite noch die US-Investmentbank Veronis Suhler Stevenson an Bord. Der Kölner Regionalmonopolist DuMont bietet dagegen, kolportiert: 175 Millionen. Doch Michael Grabner versicherte in der Welt trotz allen Widerstands, er sei Montgomery im Wort. Mit dem Abschluss rechnet er in den nächsten Tagen.

Zum Medienmanager des Jahres wie 2004 wird das Branchenblatt Horizont Grabner nicht mehr so bald wählen. Obwohl Holtzbrinck der Wiederverkauf Holtzbrinck unter dem Strich einige Millionen mehr bescheren dürfte. (fid/DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2005)