Nicht einmal die französische Öffentlichkeit merkte etwas davon - und vielleicht nicht einmal alle Parlamentsabgeordneten, die den Renault-Managern ein wertvolles Geschenk gemacht haben: Sie verabschiedeten diesen Sommer ein Gesetz "für das Vertrauen und die Modernisierung der Wirtschaft".
In dem vielfältigen Maßnahmenkatalog findet sich ein Artikel 34, der eine sonderbare Regelung enthält: Wer in Frankreich ein börsennotiertes Unternehmen erwerben will, muss gleichzeitig ein "unwiderrufliches und ernst gemeintes" Übernahmeangebot für sämtliche Tochtergesellschaften lancieren, sofern diese eine gewisse Bedeutung für das Mutterhaus haben.
Sinn erst auf den zweiten Blick
Die Parlamentarier fragten nicht groß nach dem Sinn einzelner Details und stimmten diskussionslos zu. Sinn ergibt das Ganze erst auf den zweiten Blick: Die Übernahmeregelung ist dem Autohersteller Renault auf den Leib geschneidert. Das Gesetz löst ein dornenreiches Problem des heute privatisierten Konzerns.
Renault wiegt nämlich an der Börse nur 21 Mrd. Euro - halb so viel wie seine japanische Tochter Nissan. Das birgt Gefahren: Ein Konkurrent oder ein Financier könnte für beispielsweise 25 Mrd. Euro einen Übernahmeversuch gegen Renault lancieren. Dann bräuchte dieser nur noch Nissan für rund 35 Mrd. Euro zu verkaufen. Unter dem Strich wäre er stolzer Besitzer des rentablen französischen Autobauers und hätte unter dem Strich außerdem noch zehn Mrd. Euro "verdient".
"Psychose"
Nach dem neuen Gesetz müssten potenzielle Käufer auch für Nissan einen "unwiderruflichen und ernst gemeinten" Übernahmeversuch starten. Dies würde mehr als 60 Mrd. Euro erfordern - auch für Investoren-Konglomerate kein Pappenstiel. Die Pariser Finanzkreise, die den Renault-Bezug in besagtem Artikel 34 aufgedeckt haben, werfen der Regierung "Psychose" zum Schutz der heimischen Unternehmen vor.