Hat Vizekanzler Hubert Gorbach nicht ein Angebot für einen Job im Bereich der Vorarlberger Sessellift-, bzw. Bodenseeschifffahrtsbranche? Könnte er dieses Engagement nicht schneller antreten? Am besten gleich mit Tempo 160 auf der Autobahn nach Vorarlberg?

In der Bawag ist ein ziemlich arges Schlamassel passiert. Es ist bewältigbar, aber die Frage der Verantwortung stellt sich. Allerdings auch die der Politik: Da tritt aber ein Vizekanzler der Republik Österreich auf und begeht das absolute "No-No", nämlich nicht nur eine Bank, sondern auch gleich den gesamten Finanzplatz Wien herunterzureden.

Der Vizekanzler fürchtet nach eigener Mitteilung durch die Turbulenzen bei der Bawag rund um die Pleite des US-Brokers Refco "um den Ruf des Bankenplatzes Wien". Und: Er könnte sich vorstellen, die riesigen Finanztransaktionen des Staates, die über die soeben mit der Bawag fusionierte P.S.K. laufen, von der P.S.K. abzuziehen. In Österreich nimmt man diesen Vizekanzler (vormals FPÖ, jetzt BZÖ) längst nicht mehr ernst. Hoffentlich auch nicht in der internationalen Finanzwelt. Aber wieso darf sich jemand Vizekanzler nennen, der die primitivsten Regeln der politischen Verantwortung in Fragen der finanziellen Stabilität missachtet oder gar nicht kennt?

Inkompetenz ist das gemeinsame Merkmal praktisch aller Regierungsmitglieder dieser Koalition, die aus dem FPÖ/BZÖ-Bereich gekommen sind. Ein gutes Jahr noch soll das dauern. Mein Gott.

Das ändert nichts daran, dass in der Bawag enormer Handlungsbedarf besteht. Dass eine Gewerkschaftsbank mit einem Brokerhaus in intensiver Geschäftsverbindung steht, dass sie im hochspekulativen Rohstoff-Termingeschäft tätig ist, mag den Zwängen des modernen Finanzbusiness entsprechen. Dass der ÖGB nicht auf die Dividenden der Bank verzichten kann, ist wieder eine andere Frage. Der Bawag-Vorstand hat sich aber offenbar von dem Refco-Manager Phillip Bennett, mit dem noch aus der Ära des vorherigen Vorstandschefs intensive Geschäftsverbindungen bestanden, täuschen lassen.

Der Ablauf ist ein Krimi: am 7. Oktober wurde Bennett intern mit dem Betrugsvorwurf konfrontiert, am 8. 10. wurde ihm das Betreten der Refco-Zentrale in New York verboten. Zu diesem Zeitpunkt lief bereits Bennetts Kreditansuchen an die Bawag. Er wollte sich offenkundig mit einer Rückzahlung herauswinden bzw. eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft abbiegen. Inwieweit die Refco-Gremien vom Kreditansuchen an die Bawag informiert waren (oder ein solches von Bennett sogar forderten), ist die Frage. Jedenfalls muss der Hilferuf Bennetts an die Bawag ziemlich verzweifelt geklungen haben. Am 9. 10., einem Sonntag, beschlossen Bawag-Chef Zwettler und zwei Vorstände den Riesenkredit an Bennett, der auch in der Nacht von Sonntag auf Montag überwiesen wurde. Unmittelbar danach versuchte man, das Geld noch - vergeblich - zurückzuholen.

Nun stellt sich die Frage: hat der Bawag-Vorstand keine Kontaktpersonen in New York, die da etwas läuten gehört haben? Wo man diskret anfragen kann, warum Phillip Bennett plötzlich so schnell so viel Geld braucht?

Die Finanzmarktaufsicht durchstöbert dieses Wochenende die einschlägigen Unterlagen der Bawag und vernimmt das Führungspersonal. Nach einer entsprechenden Beurteilung könnten dann die Eigentümer der Bawag unter Verweis auf das Kontrollorgan jene personellen Konsequenzen ziehen, die diese Woche ausblieben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.10.2005)