Schutzklausel
"Ich sage jetzt schon voraus, es wird von unserer Seite eine Derogation, eine permanente Schutzklausel, für unseren Arbeitsmarkt geben. Wir werden ganz sicher nicht den österreichischen Arbeitsmarkt für - theoretisch - Millionen türkischer Arbeitskräfte öffnen können oder wollen", stellte Schüssel fest. Mit dieser Aussage bekräftigte der Bundeskanzler seine Haltung vom EU-Gipfel im Dezember 2004, als er meinte, die EU könne ihren Arbeitsmarkt "nicht völlig und auf Dauer öffnen".
Kein Populismus
Die zunächst ablehnende Haltung Österreichs zu EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei dürfe nicht populistisch interpretiert werden. "Ich bin überhaupt nicht glücklich über die EU-Skepsis der Österreicher. Aber gerade, wenn man von der europäischen Sache überzeugt ist, muss man darauf hinweisen, was nicht so gut läuft und was man verbessern könnte." Österreichs Forderungen seien durch Hausverstand absolut begründbar gewesen. "Dass man gleichzeitig mit Kroatien und der Türkei verhandelt, ist eine Frage des Hausverstands. Die Kroaten sind nicht perfekt, aber jedenfalls weiter als die Türken. Es hätte null Argumente gegeben, die Türken vorzureihen. Hausverstand wird überhaupt das heimliche Motto der österreichischen Präsidentschaft sein", so Schüssel.
Kein Druck von "Uncle Sam"
In dem Interview unterstrich Schüssel noch einmal, dass es bezüglich des Einlenkens Österreichs zu offiziellen Beitrittsgesprächen mit der Türkei keinerlei Druck durch die USA gegeben habe: "Ich habe weder direkt noch indirekt einen einzigen Kontakt gehabt, und auch die Außenministerin (Ursula Plassnik) nicht. Alles andere hätte mich auch befremdet: Wir Europäer werden wohl unsere Angelegenheiten noch regeln dürfen, ohne Uncle Sam oder sonst jemanden um Erlaubnis zu fragen."