Mit vier Ministern war Frankreich zu dem von Paris geforderten Sondertreffen der EU- Minister in Luxemburg angerückt. Sie wollten EU-Handelskommissar Peter Mandelson in die Schranken weisen. Denn nach Ansicht Frankreichs hatte der Brite zu drastische Kürzungen von Förderungen im Agrarbereich bei den Verhandlungen bei der Welthandelsorganisation (WTO) angeboten. Französische Regierungsvertreter sahen darin einen Verstoß gegen das von den Ministern erteilte Verhandlungsmandat.

Keine Unterstützung aus Österreich

Es fanden sich in Luxemburg aber nur sieben EU-Staaten, die einen radikalen Vorschlag Frankreichs unterstützten – Österreich war nicht dabei. Frankreichs Vertreter schlugen vor, dass die EU-Kommission bei jedem Schritt zuerst in den Mitgliedstaaten nachfragen und deren Experten erst die Brüsseler Vorschläge prüfen müssten, bevor sie als EU-Vorschlag auf den Tisch gelegt werden könnten. "Wenn man das wörtlich nimmt, dann würde diese Prozedur die Handelsgespräche stoppen", warnte Mandelson in einer Pressekonferenz, als die Verhandlungen auf Ministerebene noch liefen.

Frankreich konnte dann in den Schlussfolgerungen des Rates nur durchsetzen, dass es "falls notwendig, technische Analysen" gebe. Im gleichen Satz wird betont, dass die EU- Kommission "innerhalb des Verhandlungsmandats geblieben ist".

Außenminister Philippe Douste-Blazy feierte die Einsetzung einer Expertengruppe, die bereits heute, Mittwoch, vor der nächsten WTO- Verhandlungsrunde in Genf tagen soll, dennoch als Erfolg Frankreichs. Mandelson konterte in einer zweiten Pressekonferenz, die unmittelbar nach jener der Franzosen angesetzt worden war: das Treffen der Experten sei bereits vor einer Woche angesetzt worden. "Es gibt keine neuen Prozeduren, keine neuen Mechanismen."

Kritik aus Österreich

In den Schlussfolgerungen wird auch festgestellt, dass die bis 2013 festgesetzte EU- Agrarreform "das Limit" für den Verhandlungsrahmen der Kommission darstelle. "Diese Klarstellungen waren wichtig, dass die WTO-Verhandlungen nicht der Beginn neuer Agrarreformen sind, sondern auf Basis des aktuellen Zustands der Agrarreformen verhandelt wird", sagte Außenministerin Ursula Plassnik. Landwirtschaftsminister Pröll hatte zuvor im Gespräch mit österrei 3. Spalte chischen Journalisten kritisiert, dass Mandelson "bis an die Grenze des Mandats" gegangen sei.

Nicht die richtige Balance

Pröll warf Mandelson auch vor, nicht die richtige Balance zu finden und nur auf Kürzungen im Agrarbereich zu fokussieren statt auch Entgegenkommen der Verhandlungspartner etwa im Bereich Industriezölle zu fordern. "Mandelson ist es offenbar auch mehr wert, mit der Presse zu reden als mit den Mitgliedstaaten", sagte Pröll. Es habe vier Tage gedauert, bis nach einzelnen Medien auch die EU-Staaten von Mandelson über den Verhandlungsstand informiert worden seien. Mandelson wies Kritik an seinem Verhandlungsstil zurück: "Das Mandat ist Sache des Rats, die Verhandlungsführung Sache der Kommission." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.10.2005)