Wiens GRüne strampeln um Platz zwei - Christoph Chorherr um Vorzugsstimmen für seine Politik in der Partei.

Foto: Cremer
Wien - "Wir haben es satt, Umfragekaiser zu sein", gibt der Wiener Grünen-Stadtrat David Ellensohn nach dem matten Abschneiden in der Steiermark und dem Burgenland die Parole für die Wiener Wahl aus. Denn bisher gab es an Wahlabenden in Wien trotz Zugewinnen meist lange Gesichter - weil die Umfrage-Ergebnisse in der Urne deutlich verfehlt worden waren.

Dass die Ergebnisse im Burgenland und der Steiermark eine negative Dynamik für die Wiener auslösen könnten, glaubt Ellensohn nicht: "In der Steiermark ging es um die Nummer eins - in Wien um Platz zwei und da sind wir voll dabei." Auch seien die Grünen "schon derart lange stabil über 15 Prozent", dass Ellensohn glaubt, "dass wir echte Chancen auf einen zweiten Platz vor der ÖVP haben. Aber wir wissen auch: Ein Selbstläufer ist das nicht. Wir müssen bis zum Schluss um jede Stimme kämpfen."

Ein nahezu identer Aufruf kam am Montag von der Vizechefin der Bundesgrünen, Eva Glawischnig: "Das Einzige, worum es in Wien geht, ist das Rennen um Platz zwei" - und da erhoffe sie sich "eine bundespolitische Testwahl", die einen "Denkzettel für die Bundesregierung" bringen solle. Die Grünen auf Platz zwei, "das verunsichert sicher massiv die Bundesregierung".

Auch Spitzenkandidatin Maria Vassilakou sieht darin ihre große Chance vor die ÖVP zu kommen: "Eine deutlichere Absage an den Bundeskurs gibt es nicht." Am Wahlkampf wird sich nach den Enttäuschungen in der Steiermark und im Burgenland nichts ändern: "Wenn etwas funktioniert, warum soll man das dann ändern?" Außerdem sei die Stätte der Grünen nach wie vor der urbane Raum.

Der "siebente Himmel" Von den anfänglich zum Teil (der Grünen) ausgerufenen 20 Prozent ist man längst vorsichtig distanziert: Seit März würden die Grünen stabil zwischen 17 und 19 Prozent liegen und ein Abwärtstrend sei nicht in Sicht, sagt Vassilakou. Und: "In unseren Daten liegen wir praktisch immer gleichauf mit der ÖVP - was an sich schon eine Sensation ist." David Ellensohn gibt sich pragmatisch: "Ab 15 freuen sich ein paar, ich hoffe auf die prognostizierten 17 bis 19 Prozent - und ab 20 wären wir alle im siebenten Himmel."

Strampeln um Vorzug Der ehemalige Wiener Grünen-Chef Christoph Chorherr führt indes einen erbitterten Wahlkampf um Vorzugsstimmen für sich und seine Politik - innerhalb der grünen Stadtpartei. Für eine Vorreihung auf der grünen Liste bräuchte er zwar 1,25 Prozent der so genannten Wahlzahl - das wären in etwa 12.000 bis 13.000 Stimmen, "aber parteiintern wird natürlich geschaut, wer gewählt wird und wer ankommt", betont Chorherr. 2001 hatte er rund 1500 Vorzugsstimmen bekommen, Bürgermeister Häupl 7000.

Am Montag warb Chorherr strampelnd mit seinem neuesten Gefährt: ein "Energiefahrrad". Dieses zeigt an, wie viel Energie hineingetreten wird, kann ein kleines Wahlplakat beleuchten sowie ein Handy oder einen iPod aufladen. Chorherrs Vergleich: "Mit dem Rad schafft man gemütlich 80 Watt - und radelt an Autos vorbei, die im Stau das 1000fache verbrauchen." Ob er selbst das Zehnfache an Vorzugsstimmen einfahren kann, wird sich erst weisen. (DER STANDARD-Printausgabe 11.10.2005)