Bild: Oliver Schopf
Demografie, Erforschung der Gesetzmäßigkeiten in Zustand und Entwicklung von Bevölkerungen mittels Statistik, ist in Österreich wissenschaftliches Stiefkind. Grund ist die mit dieser Forschungsdisziplin assoziierte und vor allem von den Nazis praktizierte Eugenik, mit der die gesamte Demografie in Misskredit gebracht wurde und die nach 1945 vor allem in Täterländern Berührungsängste auslöste. "Wir müssen unsere Leute ins Ausland schicken, wollen sie eine demografische Ausbildung", klagt Alexia Prskawetz. "An unseren Unis gibt es keinen einzigen Lehrstuhl für Demografie, sie existiert nur als Wahlfach."

Im Gegensatz zu Deutschland, wo man sich seit einigen Jahren intensiv darum bemüht, die Last der Vergangenheit aufzuarbeiten und mit großen Investitionen den Anschluss an internationale Entwicklungen zu finden hofft, gibt es demografische Forschung in Österreich nur an der Akademie der Wissenschaften, wo auch Alexia Prskawetz als stellvertretende Leiterin des Instituts für Demografie arbeitet. "Dabei wird gerade in Zeiten massiver Umwälzungen in der Bevölkerungsstruktur - ich denke etwa an die stattfindende Überalterung in Europa - demografisches Know-how dringend benötigt, um sinnvoll darauf reagieren zu können", ist die Forscherin überzeugt. Seitens der EU werde die Demografie deshalb auch stark gefördert, wodurch sich bereits europäische Netzwerke entwickeln konnten. Auch sie leitet ein EU-Projekt, in dem die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Produktivität erforscht werden sollen.

Biografie

Zur Demografie kam die 39-Jährige über das Studium der Technischen Mathematik an der Wiener TU, in dem sie sich auf "nicht lineare dynamische Systeme und Kontrolltheorie im Anwendungsfeld der Wirtschaftswissenschaften" spezialisierte. Danach ging sie mit einem Fulbright-Stipendium nach Chicago, um den Master in Ökonomie zu machen: solide Basis für ihr wissenschaftliches Lebensthema - Interaktion von Ökonomie und Bevölkerung. Während ihrer Habilitation ermöglichte ihr ein Max-Kade-Stipendium ein Forschungsjahr in Berkeley, von wo es anschließend direkt ans Max-Planck-Institut in Rostock ging.

Seit zwei Jahren ist sie nun wieder in Österreich. Neben ihrer Tätigkeit an der Akademie und Mitarbeit an Forschungsprojekten hält sie Vorlesungen über Bevölkerungsökonomie und Methoden der Demografie an der Uni Wien und am Max-Planck-Institut in Rostock. "Wenn man gerne arbeitet", meint Prskawetz, "ist das alles ganz gut unter einen Hut zu bringen." Dass sie noch für Ehemann und die vierjährige Tochter Zeit findet, sei neben ihrer Neigung zur Nachtarbeit auch Eltern, Schwiegereltern und Kindermädchen zu verdanken. "Ohne diese Unterstützung wäre das nicht machbar", bekennt sie. "Außerdem erfordert es sehr viel Planung." Vor allem, wenn die Teilnahme an internationalen Konferenzen wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist. (grido, DER STANDARD, Print, 8./9.10.2005)