Traude Dierdorf (Archivaufnahme) tritt aus gesundheitlichen Gründen zurück.

Wiener Neustadt - Die Ära Traude Dierdorf (S) in Wiener Neustadt ist am Donnerstagabend zu Ende gegangen. Die 57 Jahre alte Bürgermeisterin gab aus gesundheitlichen Gründen ihren Rücktritt bekannt. Der Stadtausschuss der SPÖ hat daraufhin einen Generationswechsel vollzogen. Mit Bernhard Müller ist der 32 Jahre alte bisherige Stadtrat für Finanzen einstimmig zum Bürgermeister-Kandidaten gekürt worden. Er wird am 27. Oktober in der Sitzung des Gemeinderates gewählt.

Der jüngst veröffentlichte Rechnungshof-Bericht, in dem der Finanzgebarung der Stadt mit einem Schuldenstand von 159,29 Mio. Euro im Jahr 2004 ein schlechtes Zeugnis ausgestellt wird, habe mit Dierdorfs Rücktritt "nichts zu tun", sagte Pressesprecher Rainer Spenger zur APA. Die finanzielle Lage sei schließlich schon länger bekannt gewesen.

Die am 17. November 1947 geborene Traude Dierdorf wurde vor achteinhalb Jahren zur Bürgermeisterin von Niederösterreichs zweitgrößter Stadt gewählt. Sie trat die Nachfolge von Peter Wittmann an, der wegen seines damaligen Aufgabenbereichs als Staatssekretär zurückgetreten war. Dierdorf selbst war 25 Jahre kommunalpolitisch tätig. Sie zog 1980 in den Gemeinderat ein. 1984 wurde sie Vorsitzende des Kontrollausschusses, ein Jahr später Stadträtin und 1993 Vizebürgermeisterin. Am 18. März 1997 wurde sie zur ersten Bürgermeisterin einer Statutarstadt gewählt.

Bernhard Müller wird der sechste Stadtchef der "Allzeit Getreuen" nach 1945. Wie der 32-Jährige gehörten alle bisherigen Bürgermeister der SPÖ an: Rudolf Wehrl (1945-1965), der kürzlich verstorbene Hans Barwitzius (1965-1984), Gustav Kraupa (1984-1993), Wittmann (1993-1997) und zuletzt Dierdorf.

Der designierte Stadtchef ist seit 1995 politisch tätig. 2003 zog er in den Gemeinderat ein, nach der Kommunalwahl im März 2005 wurde er Finanzstadtrat. Er habe "nicht damit gerechnet", als Nachfolger Dierdorfs vorgeschlagen zu werden, sagte Müller zur APA. Der SPÖ-Stadtausschuss sei jedoch für einen Generationswechsel eingetreten. Ihn erwarte eine "große Herausforderung" und - auf Grund der finanziellen Lage Wiener Neustadts sowie der "generell schwierigen Situation der Gemeinden in Österreich" - auch eine "schwierige Aufgabe", die er mit Unterstützung jedoch zu meistern gedenke, so Müller. (APA)