Graz - Obwohl sowohl Landes- als auch Bundesvorstand der steirischen Grünen-Sprecherin Ingrid Lechner-Sonnek das Vertrauen ausgesprochen haben, rumort es nach dem schlechten Ergebnis vom vergangenen Sonntag innerhalb der steirischen Partei weiter: Aus der Obersteiermark kommen Rücktrittsforderungen, die auch am kommenden Montag in einer erweiterten Vorstandssitzung auf den Tisch kommen sollen.a

Nach dem - nicht zum Zug gekommenen - Spitzenkandidaten im Wahlkreis "Obersteier", Lambert Schönleitner, gab es am Donnerstag weitere kritische Stimmen aus der Obersteiermark: Der Zeltweger Vizebürgermeister Johann Richter forderte gegenüber dem ORF Steiermark den Rücktritt von Lechner-Sonnek und auch die Bezirkssprecherin von Liezen, die Ennstrassen-Kämpferin Barbara Stangel, legte der Landessprecherin nahe, zu ihrem Wort zu stehen und ihre Position tatsächlich in Frage zu stellen. Mit ihr solle auch Landesgeschäftsführer Martin Hochegger den Hut nehmen.

"Wenn es zu keiner Änderung kommt, fliegen wir in fünf Jahren aus dem Landtag", so Stangel, die für die Nationalratswahl 2006 "die nächste Schlappe" befürchtet. Sie wirft der Führung von Bundes- und Landespartei zentralistisches und machtpolitisches Agieren vor, um die eigentlichen Öko-Themen und die Basis kümmere man sich nicht.

Der teure Wahlkampf, der auf Lechner-Sonnek zugeschnitten gewesen sei, habe die Grünen "handlungsunfähig gemacht, weil kein operatives Budget mehr vorhanden ist". Für die Bezirke und Projekte gebe es kein Geld mehr.

Zur Verteidigung Lechner-Sonneks rückte der Grüne Landesgeschäftsführer Martin Hochegger aus: Er wies "Schuldzuschreibungen" zurück und meinte, das Wahlergebnis könne nicht nur auf eine Person oder die Grazer Grünen abgewälzt werden: "Wir wollen mit klarem Kopf und kritischem Blick die notwendigen Schlüsse ziehen, um die steirischen Grünen für die Zukunft gut positionieren zu können. Es ist nicht zuletzt eine Frage der inhaltlichen, strategischen und organisatorischen Neuorientierung. Deshalb muss sie auf sehr breiter Basis innerhalb der Grünen Partei geführt werden."

Am Montag tauchte erneut ein Schreiben eines obersteirischen Ex-Funktionärs auf, in dem Landessprecherin Ingrid Lechner-Sonnek die Hauptschuld gegeben wird. Offiziell befasste sich Montagabend der - um die Bezirkssprecher - erweiterte Landesvorstand mit der Wahlnachlese. "Es wird Kritik geübt - darum kümmern wir uns jetzt", hieß es im Vorfeld aus dem Vorstand.

Der Verfasser des Schreibens, Wolfgang Pucher aus Kapfenberg, führt eine Liste an Personen an, die im Mürztal in letzter Zeit den Grünen den Rücken zugewandt hätten. Schuld sei Lechner-Sonnek, die "in den vergangenen Jahren konsequent starke Persönlichkeiten und ihre Inhalte kaltgestellt" habe.

Peter Vogl, der im März bereits mit einer eigenen Liste zur Gemeinderatswahl angetreten war und ein Mandat machte, bestätigt auf APA-Anfrage: "Im Mürztal hatten wir vor einem Jahr drei Mal mehr Mitglieder". Dafür verantwortlich sei der Landesvorstand, der nur "zentrale Kampagnen" wie jene gegen Feinstaub zulasse, regionale Themen, etwa zu sozialen Fragen, hingegen nicht: "Es wird keine Identität in Regionen geduldet, nur eine zentrale Identität", so Vogl, der dahinter die "Angst, dass sich Subzentren bilden" vermutet: "Alles was sich regt, wird niedergearbeitet."

"Vergangenheitsbewältigung"

Landtagsabgeordneter Peter Hagenauer weist die Attacken aus Kapfenberg als "Vergangenheitsbewältigung" zurück. Die Vorhaltungen stimmten einfach nicht. Ernst zu nehmen sei hingegen Kritik, die aus den Reihen von Funktionären aus dem Ennstal und dem oberen Murtal laut geworden sei. Beim erweiterten Landesvorstand soll u.a. der genaue Termin für eine ordentliche Landesversammlung im November fixiert werden. Dabei steht der Vorstand zwar nicht routinemäßig zur Neuwahl an, es könnte aber ein entsprechender Antrag gestellt werden.

Bundes-Grüne stehen "absolut" hinter Lechner-Sonnek

Die steirische Landtagswahl hat den Grünen die erste Niederlage seit 1999 gebracht. Trotzdem steht die Bundespartei nach Angaben von Geschäftsführerin Michaela Sburny "absolut" hinter Landesparteichefin Ingrid Lechner-Sonnek. Personelle Konsequenzen aus der Wahlschlappe seien bei der Sitzung des Grünen-Vorstandes am Mittwoch nicht gefordert worden, sagt Sburny am Donnerstag gegenüber der APA. "Das war gestern überhaupt keine Frage."

Im Gegenteil: Sburny gesteht Lechner-Sonnek zu, "dass sie für sich genommen einen hervorragenden Wahlkampf geführt hat". Gleichzeitig räumt die Grünen-Managerin ein, "dass ihre (Lechner-Sonneks, Anm.) Bekanntheitswerte nicht so sind, wie wir uns alle wünschen - daran wird gearbeitet werden müssen." Die Kritik des obersteirischen Gemeinderates Lambert Schönleitner, der einen "völligen Neubeginn" in der Landespartei fordert, will Sburny nicht kommentieren.

Grundsätzlich wäre die Steiermark mit der Universitätsstadt Graz für die Grünen ein gutes Pflaster - zum Vergleich: In Innsbruck konnte die Öko-Partei zuletzt Traumergebnisse von weit über 20 Prozent einfahren. Sburny dazu: "Die Situation in der Steiermark ist traditionell schwierig. Ich würde aber nicht sagen, dass etwas schief läuft." Die ÖVP habe zuletzt viel in das Marketing für Landeshauptfrau Waltraud Klasnic investiert, dazu komme noch die aufgeheizte Stimmung. "Natürlich kann man da mit einer sachorientierten, inhaltlichen Politik sehr wenig dagegen halten."

Die Gründe für das schlechte Abschneiden bei der steirischen Landtagswahl wollen die Grünen nun eingehend analysieren und sich etwa auch die einzelnen Regional-Ergebnisse und die Wählerströme ansehen. Ansonsten konzentriert man sich bei der kleinen Oppositionspartei lieber auf die kommenden Wahlgänge im Burgenland (am Sonntag) und in Wien (am 23. Oktober) - bei beiden Landtagswahlen hofft Sburny auf Zugewinne.

In Burgenland hätten die Grünen ein "sehr gutes Team", sagt Sburny. Und in Wien zeichne sich ab, dass es das schwarz-grüne Rennen um Platz zwei "tatsächlich gibt". "Ein sehr gutes Zeugnis für die Grünen, ein schlechtes Zeugnis für die ÖVP, dass sie sich mit uns um den zweiten Platz matchen muss", findet die Grünen-Geschäftsführerin. So gesehen sei die Wiener Landtagswahl auch eine "Abstimmung über Schüssel und Haider". (APA)