Verurteilt, freigesprochen, jetzt wieder vor Gericht: Beschuldigter - und Dokumentations-"Filmstar" - Emanuel C. (hier vor dem Verhandlungssaal) war zwei Jahre in U-Haft

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Wien – Der Richter will keine Aussagen auf Video und auch keine Verlesungen mehr. "Mich interessiert nur, was die Zeugen sagen", verkündet Vorsitzender Wilhelm Mende kurz vor der Vertagung des Prozesses gegen Emanuel C. (37), der laut Anklageschrift führendes Mitglied einer Drogenbande gewesen sein soll, die im Zuge der so genannten Operation Spring angeblich zerschlagen wurde.

Da bleibt für die Wahrheitsfindung nicht viel übrig an diesem frühen Mittwochnachmittag im engen Wiener Verhandlungssaal – während draußen vor der Tür 40 Möchtegern-Zuhörer schmachten. Drei dunkelhäutige junge Männer, allesamt einschlägig vorbestraft im Reigen der Drogenverfahren, geben zu, Emanuel C. zu kennen – und ein St. Pöltner Chinalokal auch.

Erzählen, C. in dem Lokal "sitzen gesehen" und "gegrüßt" zu haben. Beteuern, ihn nicht beim Drogenverkaufen beobachtet zu haben. Verlassen den Ort der 40. Tagsatzung wieder: Der Beschuldigte wurde in einem ersten Verfahren zu neun Jahren Haft verurteilt und in einem zweiten freigesprochen. Mittlerweile – so bemerkt der im Saal sitzende Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt – habe sich die "unvorstellbare Naivität der Justiz" bei der Nachbereitung von "Operation Spring herauskristallisiert. Nicht zuletzt aufgrund des "sehr verdienstvollen Dokumentarfilms" über die Affäre.

Da Zeugin Nummer vier nicht erschienen ist, wird die Verhandlung von Neuem vertagt – auf 16. und 23. 11., am 24. 11. dann will Mende "die Sache abschließen".

Dokumentation "Operation Spring", bis 13.10. im Wiener Stadtkino, ab 14.10. im Filmhaus am Spittelberg.(Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 6.10.2005)