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Der Schubhäftling starb in dieser Sicherheitszelle. Für den Leiter der Wiener Kommission des Menschenrechtsbeirates, den Wiener Anwalt Georg Bürstmayer, scheint es ungewöhnlich, dass der Schubhäftling bereits nach einem relativ kurzem Hungerstreik ins AKH ausgeführt worden sei.

Foto: APA/ Rubra
Der Tod eines hungerstreikenden Schubhäftlings in Linz bleibt vorerst ein Rätsel. Der Zustand des Patienten sei nicht alarmierend gewesen, hieß es im AKH. Stunden später war er tot. Der Obduktionsbericht ergab, dass anscheinend Flüssigkeitsverlust ausschlaggebend war.

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Linz/Wien - An einer "elektrolytischen Verschiebung" könnte der Schubhäftling gestorben sein, der am Dienstag nach siebentägigem Hungerstreik tot in seiner Einzelzelle in Linz gefunden worden war. Das ist zumindest das vorläufige Ergebnis der gerichtsmedizinischen Obduktion vom Mittwoch, berichtet Christian Grufeneder von der Linzer Polizei. Was diese Verschiebung der Mineralsalze im Blut ausgelöst hat - Flüssigkeitsverlust, Nierenversagen oder Präparate - ist noch unklar, ein toxikologisches Gutachten soll in einer Woche fertig sein.

Die Identität des Toten steht noch nicht offiziell fest. Nach seinen eigenen Angaben aus dem Asylverfahren stammte er aus Gambia und war 18 Jahre alt. Der Verein Menschenrechte, der ihn in der Haft betreut hatte, geht davon aus, dass er um die 22 Jahre alt gewesen sein dürfte. Die im Zuge seiner Abschiebung gestellte Anfrage bei der gambischen Botschaft über seine Identität führte bisher noch zu keinem Ergebnis.

Ausgewertet müssen auch die mittlerweile beschlagnahmten Untersuchungsergebnisse aus dem Linzer Allgemeinen Krankenhaus werden. Dorthin war der junge Mann Dienstagvormittag gebracht worden. Laut ärztlichem Direktor Heinz Brock waren "Herz- und Lungenfunktion normal". Das Blutbild habe jedoch ergeben, dass der Natriumwert des Hungerstreikenden bereits erhöht gewesen sei. Zwar "nicht lebensbedrohlich", wie Brock meint, aber dennoch in einem "abnormalen Bereich". Der Kaliumwert habe sogar eine pathologische Mangelerscheinung gezeigt. Allerdings sei dieses Ergebnis labortechnisch nicht verwertbar gewesen, da für eine exakte Bestimmung zu wenig Blut abgenommen worden war.

Gesundheitszustand "nicht alarmierend"

Insgesamt sei der Gesundheitszustand des Patienten "nicht alarmierend" gewesen, weshalb er aus Sicht der untersuchenden Mediziner hafttauglich gewesen sei.

Polizeisprecher Grufeneder betont auch, dass der Häftling sehr wohl Flüssigkeit zu sich genommen habe und er regelmäßig vom Amtsarzt untersucht worden sei. Auch Misshandlungs- oder Verletzungsspuren seien bei der Obduktion nicht festgestellt worden.

Komplikationen

Für den Leiter der Wiener Kommission des Menschenrechtsbeirates, den Wiener Anwalt Georg Bürstmayer, scheint es ungewöhnlich, dass der Schubhäftling bereits nach einem relativ kurzem Hungerstreik ins AKH ausgeführt worden sei. In der Regel würde man in so einem Fall nur bei Komplikationen ins Spital gebracht. Auch der Generalsekretär vom Amnesty International Österreich, Heinz Patzelt, stellt sich die Frage, "warum die Ausführung ins AKH nötig war". Laut Linzer Polizei soll der 18-Jährige an diesem Tag im Schubgefängnis die Routineuntersuchungen verweigert haben.

Wacheteam "sehr kompetent und erfahren"

"Das Linzer Polizeianhaltezentrum war uns bisher als vorbildlich bekannt", heißt es aus dem Büro von Menschenrechtsbeiratsvorsitzenden Erwin Felzmann. Der in heimischen Schubgefängnissen mittlerweile übliche "offene Vollzug" sei in der oberösterreichischen Landeshauptstadt zuallererst eingeführt worden. Das zum Zeitpunkt des Todesfalls Dienst habende Wacheteam sei als "sehr kompetent und erfahren" bekannt.

Kommunikation

Bürstmayr weist darauf hin, dass es in Haftanstalten immer wieder Kommunikationsprobleme gebe. Diese basierten oftmals auf Missverständnissen aufgrund von kulturellen Unterschieden: "Wenn ein Afrikaner aufgeregt und gestikulierend spricht, fühlen manche sich bedroht, wenn ein Italiener sich ähnlich äußert, kommt dieser Gedanke nicht auf."

Grüne und SPÖ drängen auf besonders genaue Ermittlungen. "Der Fall steht in einer seltsamen Reihe von Todesfällen", erklärte die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Rudolf Parnigoni (SP), forderte Innenministerin Liese Prokop (VP) auf, Untersuchungen einzuleiten. (bri, ker, moe, mro/DER STANDARD, Printausgabe, 6.10.2005)