Wien - Nach dem erfolgreichen Abschluss der Kollektivvertrags-Verhandlungen der Metallarbeiter von Freitag Abend gab es am Montag unterschiedliche Reaktionen dazu. Wie berichtet, einigten sich die Sozialpartner in der Nacht auf Samstag auf einen neuen Kollektivvertrag für rund 180.000 Metallarbeiter und Industrieangestellte. Die Ist-Löhne und die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und -gehälter steigen um 3,1 Prozent, der Abschluss für Lehrlinge liegt ebenfalls bei 3,1 Prozent.

Handel will nachziehen

"Wir haben die Signale verstanden", sagte Manfred Wolf von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), der bei der bevorstehenden Handels-KV-Runde die rund 350.000 Handelsangestellten und etwa 100.000 Beschäftigten in verwandten Berufen vertreten wird, am Montag. Die Handelslohnrunde startet am 20. Oktober, die Forderungen werden in den nächsten Tagen überreicht.

Der Abschluss der Metaller liege deutlich über der Inflationsrate. Bei der kommenden Handels-KV-Runde sei man bestrebt, ebenfalls einen deutlich kräftigeren Abstand zwischen Inflationsrate und KV-Abschluss als im Vorjahr zu erzielen. In diesem Zusammenhang verwies Wolf auf die Tatsache, dass rund die Hälfte aller Handelsangestellen im unteren Einkommensviertel liegen. Dazu komme, dass immer mehr Vollzeitbeschäftigte auf Teilzeit umgestellt werden. Dies müsse bei der kommenden Lohnrunde auf jeden Fall berücksichtigt werden, so Wolf.

WKÖ-Handel: "Unsere Situation ist anders"

Peter Zeitler von der Sektion Handel in der WKÖ meint jedoch, man könne keine Parallelen ziehen: "Unsere Situation ist anders". Der hohe Lohnabschluss bei den Metallern sei auf die hohe Produktivität in der Eisen- und Metallindustrie zurückzuführen. Und dies treffe auf den Handel nicht zu. Einen Produktivitätszuwachs wie die Metallbranche habe der Handel nicht. Dafür werden im Handel Arbeitsplätze geschaffen, während in der Metallbranche Arbeitsplätze verloren gehen. Mehr als die Inflationsrate komme für den Handel keinesfalls in Frage, so Zeitler.

Die Handelsunternehmen werden bei den anstehenden KV-Verhandlungen jedenfalls auch ihre Gegenforderungen vorbringen, kündigte Zeitler an. Unter anderem wünschen sich die Unternehmer eine Erleichterung bei Kündigungen. Derzeit ist im Handel eine Kündigung nur im Quartal möglich, dies soll nach Wunsch der Unternehmer künftig auch per 15. und per Monatsletzten möglich sein. Außerdem wünschen sich die Händler Erleichterungen bei der Flexibilisierung und den Wegfall von Zuschlägen bei längeren Öffnungszeiten.

Im Vorjahr hatten sich die Sozialpartner auf eine Erhöhung der Mindestgehälter unter Beibehaltung der bestehenden Überzahlungen um 2 Prozent, mindestens aber um 25 Euro geeinigt. Im Schnitt bedeutete dies eine Erhöhung um 2,15 Prozent bei einer Inflationsrate von 2,1 Prozent. Heuer gehen die Verhandler von einer Teuerungsrate von 2,5 Prozent aus und wollen deutlich darüber abschließen.

Auch Eisenbahner sehen Rückenwind

Rückenwind für die eigenen Gehaltsverhandlungen orten auch die Eisenbahner. "Der Metaller-Abschluss erzeugt sicherlich einen Druck im Sinne der Beschäftigten", sagte Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl am Montag zur APA.

Ob die Eisenbahner nun "2,9 Prozent oder 3,2 Prozent" fordern würden, darauf wollte sich der Gewerkschaftschef am Montag noch nicht festlegen. Klar sei, dass man neben der Abgeltung der erwarteten Inflation von 2,5 Prozent auch den Anspruch auf einen Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stellen werde, so Haberzettl. Möglich sei auch ein Abtausch in anderen Bereichen, etwa bei der Pensionskasse. Erste Vorgespräche werde es erst nächste Woche geben.

Kein großes Thema werde laut Haberzettl hingegen das Thema "Arbeitszeit" sein. Das ÖBB-Management hatte in den vergangenen Monaten mehrfach eine neuerliche Flexibilisierung der Arbeitszeitbestimmungen verlangt. Laut Haberzettl ist dafür aber eine "gesetzliche Ausnahmeregelung" notwendig, die die Regierung jedoch bereits drei Mal verwehrt habe. Außerdem würde auch das ÖGB-Präsidium, das sich zuletzt klar gegen eine groß angelegte Arbeitszeitflexibilisierung ausgesprochen habe, kaum eine neue ÖBB-Sonderregelung gutheißen, so der Eisenbahner.

Das ÖBB-Management wollte sich vorerst nicht zu den neuen KV-Verhandlungen äußern. Die offiziellen Gespräche würden erst im Herbst beginnen, hieß es aus der ÖBB-Holding.

Post-Chef Wais: "Viel zu hoch"

Post-Chef Anton Wais nannte die Metaller-Lohnerhöhung jedenfalls "viel zu hoch. Damit wird der Produktivitätsvorsprung, den Österreich heute hat, wieder egalisiert", so Wais am Montag zur APA.

Die Postgewerkschaft spricht dagegen von einem "guten Abschluss bei den Metallern" und von einer "Richtschnur" für die Gehaltsverhandlungen bei der Post. "Wir werden sicher nicht sagen: Wir müssen sparen für die Börse", sagte Post-Gewerkschaftssprecher Martin Palensky. Das Post-Management müsse der guten Entwicklung des Unternehmens Rechnung tragen und den Mitarbeitern "einen gerechten Anteil" zugestehen, forderte Palensky.

Die Gehaltsverhandlungen für die rund 24.000 Post-Bediensteten starten voraussichtlich im Oktober. Im Vorjahr hatten die Postler 2,35 Prozent mehr Geld erhalten.

GÖD sieht Signalwirkung

Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) sieht durch den Metaller-Abschluss eine Signalwirkung für alle Branchen. GÖD-Sprecher Hermann Feiner sagte auf Anfrage der APA aber auch, dass die Situation nicht eins zu eins übertragbar sei. Es gebe von Branche zu Branche unterschiedliche Dienstrechts-Facetten.

Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP) wollte die Auswirkungen des Metaller-Abschlusses auf den öffentlichen Dienst noch nicht beurteilen. Vorerst sage er dazu "gar nichts", meinte der Staatssekretär am Montag vor dem Ministerrat. Er habe auch noch nicht einmal einen offiziellen Auftrag, mit den Verhandlungen zu beginnen, so Finz. Grundsätzlich hielt er aber fest, dass die öffentlichen Kassen "sehr knapp" seien und auch andere Dinge wie die Pensionskasse zu verhandeln seien. Würden die Gehälter der Beamten um über drei Prozent erhöht, würde das laut Finz über 300 Millionen Euro kosten.

Schüssel: "Jede Branche hat eigene "Gesetzmäßigkeiten"

Ähnlich wie Finz möchte sich auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) in Sachen Beamtengehälter noch nicht in die Karten sehen lassen. Auf eine mögliche Signalwirkung des Metaller-Abschlusses wollte sich der Kanzler am Montag nach dem Ministerrat nicht einlassen.

Die Verhandlungen mit den Beamten hätten noch gar nicht begonnen, sagte Schüssel. Bei jeder Berufsgruppe gebe es eine eigene "Gesetzmäßigkeit". Die makroökonomischen Daten seien zwar für alle gleich, gleichzeitig sei die Entwicklung in jeder Branche anders und werde auch entsprechend berücksichtigt, so Schüssel.

GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer (ÖVP) hatte in einem Brief an Schüssel vor rund zwei Wochen um die Aufnahme der Gehaltsverhandlungen für 2006 ersucht. Wie üblich fordert die GÖD in ihrem Schreiben an den Regierungschef "eine Gehaltserhöhung unter Berücksichtigung der Abgeltung der Inflationsrate und des Wirtschaftswachstums". Konkretisieren will die Gewerkschaft ihre Forderung erst im Zuge der Verhandlungen. (APA/red)