Die erste Überraschung gibt's gleich beim Einsteigen. Clevererweise hat Renault zur Fahrpräsentation des Clio III auf Sardinien hauptsächlich Modelle oberer Ausstattungsstufen bereitgestellt.

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Und da macht sich der Eindruck breit: So hochwertig in der Materialanmutung war bisher kein Renault, abgesehen vom eher zurückhaltenden Verkaufsschlager Vel Satis vielleicht. Gut, der Eindruck relativiert sich in den Basisversionen wieder etwas, aber immerhin.

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Weitere Überraschung: Fahrwerk. Tadellos. Angenehm straff, fast sportlich. Das fällt nämlich im Vergleich mit dem neuen Punto auf: Der fesche Fiat wirkt im Durchschnitt viel weicher, komfortabler abgestimmt. Verbessert beim Clio wurde auch die Lenkung, die ist nämlich bei Weitem nicht mehr so schwammig indirekt wie früher. Vereinfacht gesagt: Der Clio III lässt sich mit einigem Spaßfaktor fahren, wenn man das will.

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Das liegt auch an den Motoren und der aufwändigen Geräuschdämmung, die speziell den Dieselaggregaten zugute kommt. Zum Marktstart gibt's den Clio mit sechs Motoren (je drei Benziner und Diesel, 75 bis 112 PS), DER STANDARD hat sich testhalber jeden einzelnen vorgenommen.

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Unser Eindruck: Der 1,2-Liter-16V-Benziner (75 PS), der im günstigsten Clio (12.400 €; der Einstiegsdiesel 1,5 dCi/68 PS kommt auf 13.700 €) werkt, ist erwartungsgemäß eher schwachbrüstig. Andererseits reicht die Maschine völlig, wenn das Kaufargument lautet, man sei ohnehin hauptsächlich innerstädtisch unterwegs. Am besten gefallen haben uns die Topmotorisierungen, der 1,6 16V mit 112 PS sowie der stärkste der drei 1,5-dCi-Diesel, jener mit 106 PS.

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Heldenlied

Automobilität, das ist einer der großen Mythen der Moderne. Nahe liegend also, dass manche Hersteller bei der Namensgebung auf antike Mythologie zurückgreifen. VW etwa beim Phaeton, nun beim Coupé-Cabrio Eos (griech. Sonnengöttin), aber auch der Clio ist so ein Kandidat. Besser: Kandidatin - denn Clio, das ist die Muse der Geschichte & des Heldenliedes.

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Ad Heldenlied: Das stimmt das Marketing auf den Clio III an. Der sei nämlich nicht nur ein Renault-typisch äußerst sicheres Auto geworden (Detail am Rande: Gurthalterung am Fahrersitz ist nicht ganz optimal positioniert), sondern obendrein eines mit tollem Platzangebot. In der Tat: Vorne wie hinten genießen die Passagiere bisher ungewohnte Bewegungsfreiheit, auch der Kofferraum kann sich mit 288 Litern (Vergleich Fiat Punto: 275 l) herzeigen lassen.

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Ad Geschichte: 1990 fuhr der erste Clio vor, 1998 kam Generation II. Der sympathische Franzose war vom Fleck weg eines der wichtigsten Autos seiner Klasse in Europa. 8,84 Mio. Clios wurden bisher verkauft, auch in Österreich war der zu jeder Generation gelungene Kleinwagen mit 64.165 Stück ein Bestseller.

Hintergrund des Geschilderten: Gegenüber dem Clio II ist der neue um 17 cm auf 3,99 Meter gewachsen (Punto: plus 19 cm auf 4,03 m), im Radstand um zehn, in der Breite um sieben cm, Speckzulage: 130 kg. Damit ist die jüngste Kleinwagengeneration reichlich auf das Niveau früherer VW Golfs angewachsen.

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Fazit Clio III: Man merkt diesem Auto die Erfahrung von Renault im Bau von Kleinwagen an. Im Design hätte man vielleicht einen etwas mutigeren Wurf erwartet, die Fahrdynamik ist jedenfalls ausgeprägter als jene der äußeren Form. Ein gelungener Wurf ist das Auto aber ohne Zweifel. Die Muse küsst bereits zum dritten Mal. (Andreas Stockinger, AUTOMOBIL, Printstandard vom 24.9.2005)

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