"Wenig dynamisch" ist die Entwicklung im Bildungsbereich für den OECD-Bildungskoordinator Andreas Schleicher in Österreich. Entscheidendes Merkmal der in der Vorwoche präsentierten OECD-Bildungsstudie "Bildung auf einen Blick" für Österreich sei, dass es in den vergangenen Jahren keinerlei große Veränderungen gegeben habe. Viele Staaten hätten vor allem im Hochschulbereich massiv in Spitzenqualifikationen investiert - in diesem Sektor stagniere Österreich aber, so Schleicher gegenüber der APA.

Mit Begriffen wie "Bildungsmisere" (Opposition) oder "hervorragendes Zeugnis" (Regierung) ließe sich die OECD-Studie nur schwer bewerten, plädierte Schleicher gegen globale Betrachtungsweisen. Österreich habe Stärken und Schwächen. Der scheinbare Widerspruch, dass Österreich bei den Ausgaben pro Schüler und Student in den OECD-Indikatoren auf den vorderen Plätzen liege, bei den am BIP gemessenen Ausgaben für den Bildungsbereich aber nur im bzw. leicht unter dem OECD-Schnitt, ist für Schleicher leicht zu erklären: "Österreich ist eben ein reiches Land" - daher die verhältnismäßig hohen Pro-Kopf-Ausgaben. "Gemessen an seinen Möglichkeiten" seien Österreichs Ausgaben aber nur durchschnittlich.

Den zwischen 1995 und 2002 leicht gestiegenen Pro-Kopf-Ausgaben pro Student steht laut Schleicher in Österreich ein Rückgang der Studentenzahlen in diesem Zeitraum gegenüber (2001 wurden Studiengebühren eingeführt, Anm.). Damit sei Österreich eines der wenigen Länder, in denen die Studentenzahlen rückläufig waren.

Den in Österreich vor allem von der Regierung immer wieder vorgebrachten Verweis auf die hohe Beteiligung bei der beruflichen Bildung (Lehre bzw. berufsbildende mittlere und höhere Schulen, Anm.) lässt Schleicher nicht ganz gelten. Die Arbeitsmarktchancen seien für Absolventen des Tertiärbereichs (Unis, Fachhochschulen, Anm.) wesentlich besser: Sie würden seltener arbeitslos, und "sie verdienen einfach mehr".

Zwar gebe es für das Einkommensverhältnis keine Österreich-Daten, im vergleichbaren Deutschland sei die Lage aber eindeutig. Der Einkommensvorteil von Hochschul-Absolventen gegenüber Absolventen des berufsbildenden Bereichs sei zwischen 1998 und 2003 von 29 Prozent auf 53 Prozent gestiegen. Der Vorteil einer universitären Ausbildung habe in den vergangenen Jahren damit deutlich zugenommen. Dies zeige vor allem, dass die Nachfrage nach Spitzenqualifikationen durchaus da sei: "Absolventen des Tertiärbereichs werden am Arbeitsmarkt hoch belohnt." Hier habe Österreich noch "erhebliches Potenzial".

Einen Blick empfiehlt Schleicher auf die Länder mit der stärksten Dynamik. So könne man etwa bei den skandinavischen Staaten, Großbritannien, Japan und Kanada in den vergangenen Jahren von einer "Transformation der Bildungssysteme" sprechen. In Zentral- und Westeuropa sei davon aber weniger zu bemerken gewesen. (APA)