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Foto: AP/Sibeko
Der Jahrtausendwechsel spornte die UN-Mitgliedsstaaten zu idealistischen Zielen an: Bekämpfung des weltweiten Hungers, Armut, Ungerechtigkeit, bessere Trinkwasserversorgung, mehr Bildung und Chancen für Frauen – die so genannten Milleniumsziele. Fünf Jahre danach, auf der derzeit stattfindenden Zwischenkonferenz in New York, herrschen Katerstimmung: Waren die Ziele zu hochgesteckt? Wer ist daran schuld, dass 2015 mehr als die Hälfte der MDGs nicht realisiert sein werden?

Dabei waren die Ziele gar nicht so ambitioniert, nehmen wir gleich das Erste: Extreme Armut und Hunger beseitigen. Die Anzahl der Menschen, die in absoluter Armut leben (weniger als zwei Dollar täglich), soll um die Hälfte reduziert werden. Selbst wenn dieses Ziel bis 2015 erreicht wird, nämlich die Reduktion der Hälfte der Menschen die unterhalb der Armutsgrenze leben, was passiert mit der anderen Hälfe? Die Erfolge einiger ostasiatischer Staaten gehen einher mit der Verschlechterung der afrikanischen Subsahara-Staaten. Diese Region ist mit der weitgehend ungebremsten Ausbreitung von AIDS konfrontiert, hat die geringste Einschulungsrate, und ist durch den höchsten Prozentsatz an Unterernährung gekennzeichnet.

Lapidare Zielformulierung bei Wirtschaftsbeziehungen

Während bei Armutsbekämpfung, Gesundheitsversorgung, Bildung konkrete Verbindlichkeiten angegeben wurden, fehlen diese vollständig für die Wirtschaftsbeziehungen. Im achten MDG-Ziel wird sehr unverbindlich von der Schaffung einer globalen Partnerschaft für Entwicklung gesprochen. Die Umsetzung der MDGs bleibt zurück, weil nur ein kleiner Ausschnitt der Nord-Süd Probleme thematisiert wird. Die Position von Weltbank, IWF sowie der WTO wird nicht diskutiert, sondern als gegeben angenommen. Dabei wäre eine Veränderung (bzw. Ablöse) der Bretton-Woods-Institutionen und der WTO eine Voraussetzung für grundlegende Neuerungen in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Norden und Süden.

Armutsbekämpfung braucht andere Handelsbeziehungen

Die Schuldenstreichung wird nicht in Zusammenhang mit den MDGs erwähnt. Die beiden Ziele werden weiterhin unabhängig voneinander verfolgt. Die Streichung der Schulden muss aber vor dem Hintergrund diskutiert werden, dass die Länder damit über mehr finanzielle Mittel für die Umsetzung der MDGs verfügen werden. Für viele Länder wird allein eine 100-prozentige Schuldenstreichung die einzige Möglichkeit der Unterstützung sein. Ebenso wird weiterhin die Liberalisierung des Handels als zentrales Element für Entwicklung und Armutsbekämpfung vorgeschlagen. Die Erfahrungen damit sind alles andere als positiv – trotz der volumenmäßigen Zunahme des Handels z.B. von agrarischen Rohstoffen, erwirtschaften viele Entwicklungsländer damit heute weniger Devisen als zuvor. Und ohne eine Reform z.B. der Agrarpolitiken der EU und USA, welche die massive Überproduktion und das damit verbundene Dumping beendet, werden die landwirtschaftlichen Produzentinnen im Süden weiterhin aus ihrer Tätigkeit getrieben und die Masse der Armen in den städtischen Slums vergößern.

Ausblick

Die Finanzierung der MDGs in den noch verbleibenden zehn Jahren ist der schwierigste und kritischste Punkt. Je nach Schätzungen bräuchte es eine zusätzliche Summe von bis zu 135 Milliarden US-Dollar. Gerade das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat viele Vorschläge zur Finanzierung gemacht, z.B. die Tobin-Steuer oder eine Steuer auf Kerosin bzw. Flugtickets. Die Konferenz ist eine Chance, die MDGs kritisch zu hinterfragen, sie neu zu formulieren.

Anstatt sich hinter Rhetorik zu verstecken, müssen die Industriestaaten ihre Verantwortung wahrnehmen. Wird das vorgelegte UN-Abschlussdokument angenommen, bleibt es bei unverbindlichen Erklärungen und kosmetischen Veränderungen. Dann sind die MDGs Geschichte und reihen sich nahtlos in die vielen gescheiterten Entwicklungskonzepte seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein. Was das für die Mehrheit der Weltbevölkerung bedeuten würde, muss nicht erklärt werden.