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Ministerpräsident Juri Jechanurow, bisher Chef der Regionalverwaltung von Dnjepropetrowsk.

Foto: Reuters
Wien - Der neue ukrainische Ministerpräsident Juri Jechanurow (57) ist ein Selfmademan. Als 19-Jähriger begann er seine Berufslaufbahn als Arbeiter in einer Zementfabrik in Kiew.

Sieben Jahre später war er deren Direktor, was aber nur der Beginn eines kometenhaften Aufstiegs in die unternehmerische Spitze der damaligen Sowjetrepublik war. Nach der Wende machte er sich als Wirtschaftsreformer einen Namen und wurde 1999 vom damaligen Regierungschef Viktor Juschtschenko zum Stellvertreter berufen.

Der 1948 im südsibirischen Jakutsk geborene Sohn einer Ukrainerin und eines Burjaten (mongolisches Volk), der als Teenager nach Kiew kam, absolvierte während der kommunistischen Zeit eine mustergültige Karriere. Der Absolvent einer technischen Hochschule stieg unter anderem zum Chef des Kiewer Bau-Kombinats auf und war eine Zeit lang auch Verwaltungschef in der ukrainischen Hauptstadt. Praktisch "nebenbei" absolvierte er auch eine wissenschaftliche Karriere und wurde im Jahr 1990 Assistenzprofessor für Wirtschaft an der Kiewer Schewtschenko-Universität.

Massenprivatisierung

Der Zusammenbruch der Sowjetunion war auch jener Moment, als Jechanurow (Yekhanurov) den Sprung in die große Politik wagte. Im Jahr 1990 gründete er den Verein der Kleinunternehmen der Ukraine, Präsident Leonid Krawtschuk (1990-94) berief ihn daraufhin zum Vize-Wirtschaftsminister. 1994 wurde er zum Vorsitzenden der ukrainischen Verstaatlichtenholding ernannt, was angesichts der maroden Industrieunternehmen im Osten des Landes keine leichte Aufgabe war. Jechanurow leitete die erste Massenprivatisierung in der Ukraine ein, was ihm 1997 die Beförderung zum Wirtschaftsminister unter Präsident Leonid Kutschma eintrug.

Verwaltungsreformen

Mit dem heutigen Präsidenten Viktor Juschtschenko arbeitete Jechanurow erstmals im Jahr 1999 zusammen. Juschtschenko machte ihn damals zu seinem Stellvertreter als Regierungschef. Als Vizepremier war Jechanurow vor allem für Verwaltungsreformen zuständig. So gelang es ihm, in nur einem Jahr die Zahl der Regierungsbeamten auf Staatsebene von 89.000 auf 49.000 zu verringern. Schon nach wenigen Monaten warf Juschtschenko aber das Handtuch, nachdem seine Reformpolitik nicht die notwendige Unterstützung von Staatspräsident Leonid Kutschma erhalten hatte.

Nach der Orangenen Revolution im Herbst 2004 kreuzten sich die Wege der beiden wieder. Wieder wurde Jechanurow, der seit 2003 Parlamentsabgeordneter ist, mit einer schwierigen Aufgabe betraut. Der neu ernannte Präsident Jutschchenko machte ihn zum Chef der Regionalverwaltung im ostukrainischen Dnjepropetrowsk. Dieses mehrheitlich von Russen bewohnte Gebiet gilt als Hochburg des von Juschtschenko bei der Präsidentenwahl besiegten Ex-Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch.

Jechanurow gelang es in den vergangenen Monaten, die politische Lage in der Region zu beruhigen, nachdem es dort Massenproteste gegen den neuen Präsidenten gegeben hatte. Janukowitsch hatte Juschtschenko in der Region mit 60 zu 30 Prozent der Stimmen klar besiegt.

Der Spalt zwischen dem pro-russischen Osten und dem für eine Annäherung an EU und NATO eintretenden Westen des Landes hängt wie ein Damoklesschwert über der Reformpolitik Juschtschenkos. Mit der Ernennung Jechanurows zum Ministerpräsidenten will Juschtschenko nun offenbar seiner Reformpolitik die notwendige Rückendeckung im Osten des Landes verschaffen. (red/APA)