Im Zuge der Auseinandersetzung der Salzburger Fußballtraditionalisten mit dem Schöner-Leben-Klub Red Bull Salzburg fiel ein bemerkenswerter Satz in ein Meer aus Selbstmitleid, Arroganz und Sturheit. Der Klub ließ den protestierenden Fans ausrichten: "Es gibt keine Tradition, keine Geschichte und kein Archiv."

Schöner kann man eine Businessphilosophie nicht ausdrücken. Red Bull zielte auf den Gegner und traf genau ins eigene Herz. Das hat damit zu tun, dass der Safthersteller sich auf einem Markt der ewigen Jugendlichkeit bewegt, wo menschliche Grundfragen wie Altern, Laster, Probleme und also auch Vergangenheit und Verantwortung mit einem Schluck aus der Dose wegsynthetisiert werden. Der Fußball mit seiner Aura ist für die Marketingabteilung neu - die Dressen sind übrigens krauthässlich, da haben die Designer aber schwer gepfuscht.

Trainer Kurt Jara hat im Premiere-Talk die Einstellung der Salzburger Macher deutlich und mit der gebotenen Oberflächlichkeit ausgesprochen: "Red Bull hat den Verein gekauft." Basta. Haben sie auch die ins neue Stadion investierten Steuermillionen sowie die sauteure Infrastruktur, die Hoffnungen und Erinnerungen der Fans, die Sehnsüchte der Kinder, die ehemaligen Kicker und deren Wunden und Wunder gekauft? Wenn sie das schon so flapsig dahersagen und glauben, mit ein paar Millionen auf einen Vereinstisch sei ein so komplexes symbolisches System wie ein Fußballklub im Packerl zu erwerben, dann sollten sie wenigstens so vif sein, und damit spielen.

Leider besteht Grund zur Befürchtung, dass sie diesem Spiel (noch) nicht gewachsen sind. Aber wer weiß, vielleicht verleiht der Fußball dem Bullen ja ein Bewusstsein. (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 5. August 2005, Johann Skocek)