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Die dreijährige japanische Prinzessin Aiko hat Chancen auf den Thron.

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Laut Expertise einer von der japanischen Regierung eingesetzten Kommission sollen in Zukunft auch weibliche Mitglieder des Kaiserhauses in die Erbfolge eingebunden werden – damit fiele eine ein Jahrtausend alte Tradition.

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Der dreijährigen Prinzessin Aiko stehen womöglich große Aufgaben bevor. Sie könnte als erste Frau seit Langem den japanischen Chrysanthemen- thron besteigen. So sieht es eine Expertise vor, die eine Kommission nach monatelangen Beratungen heute, Dienstag, der japanischen Regierung vorlegen wird. Die Kommission wird Premier Junichiro Koizumi dann voraussichtlich im September einen abschließenden Bericht vorlegen und dabei berücksichtigen, wie die Öffentlichkeit auf die Empfehlung reagiert. Aiko ist das einzige Kind von Kronprinz Naruhito und Kronprinzessin Masako. Sie wird am 1. Dezember vier Jahre alt. Nach Medienumfragen hat die große Mehrheit der japanischen Bevölkerung nichts gegen eine Frau auf dem 2600 Jahre alten Chrysanthementhron.

Viele Varianten waren von der Kommission diskutiert worden; zum Beispiel, ob man die Thronfolge wie bisher beibehalten solle, dass nämlich laut Artikel 1 des "Gesetzes über den kaiserlichen Haushalt" (seit 1947 gültig) nur erstgeborene Söhne der männlichen Linie zum Tenno werden könnten. Eine Praxis, die nach Angaben von Professor Isao Tokoro, Mitglied der Kommission, prinzipiell seit gut 1000 Jahren besteht.

Eine Variante war auch, die weibliche Linie einzubeziehen, wenn es dort einen erstgeborenen Sohn gibt. Nun hat die Kommission sich zu dem weitestreichenden Vorschlag bekannt, dass – egal ob Sohn oder Tochter – das erstgeborene Kind den Thron besteigt. Ein Vorschlag, der von großer Zustimmung der japanischen Bevölkerung getragen wird, wie Umfragen bestätigen.

Entspannte Prinzessin

Experten schätzen, dass vor allem Kronprinzessin Masako künftig vom Druck, einen Sohn gebären zu müssen, befreit sein wird. Sie leidet an Depressionen und wird "die verstummte Prinzessin" genannt. Der 40-jährigen früheren Diplomatin war zugetraut worden, das strenge Hofzeremoniell lockern zu können. Sie hat in der vergangenen Woche nach eineinhalbjähriger Absenz bei der Expo in Aichi erstmals wieder einen Termin wahrgenommen.

In Japan herrscht mit dem derzeitigen Kaiser Akihito der 125. Tenno. Zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert regierten bereits acht Frauen, zwei von ihnen sogar zweimal. Keine von ihnen gebar aber ein Kind, das ihnen auf den Thron folgte. Auf Grundlage des nun präsentierten Berichts, der Empfehlungscharakter hat, wird die Regierung einen Entwurf zur Überarbeitung des kaiserlichen Haushaltsgesetzes ausarbeiten. (DER STANDARD-Printausgabe, 26.07.2005)