Korruptionsbekämpfung soll eines der Hauptthemen während Österreichs EU-Vorsitz im kommenden Jahr werden. Den Gästen kann man mittlerweile eine breite Palette an Studienausflügen anbieten: in Wien sollen Beamte des Hauptzollamtes beschlagnahmte Waren schwarz verkauft haben. In Innsbruck steht ein Prozess gegen Finanzbeamte und Unternehmer an, die Steuerprüfungen recht locker gehandhabt haben sollen. Und in München wurde Anklage gegen den Chef des Salzburger Baukonzerns Alpine erhoben - er soll Schmiergeld bezahlt haben, um in München ein Stadion bauen zu dürfen.

Zweifelhafter Index

Sicher, im Vergleich mit anderen Ländern steht Österreich dennoch gut dar. Im Korruptionsindex der unabhängigen Organisation Transparency International liegen wir immer unter den besten 20 Ländern, zuletzt gemeinsam mit Luxemburg auf dem 13. Platz. Allerdings spiegelt dieser Index nur wider, ob Unternehmer und Bevölkerung das Gefühl haben, in einem korrupten Land zu leben oder nicht.

Gerade im Fall Österreich ist diese Methodik aber etwas heikel. Denn damit hier zu Lande Korruption als solche wahrgenommen wird, muss sie wirklich massiv sein. Der Grenzbereich, bei dem man noch augenzwinkernd wegschaut und/oder einsteckt, ist dagegen groß. In allen Berufsgruppen, inklusive Journalisten. Wenn beispielsweise jetzt ein neues Gesetz kommen soll, das die jährliche Maximalgrenze für Geschenke an die Ärzteschaft bei 7500 Euro zieht, kann man sich ausrechnen, welche Summen da derzeit im Spiel sein müssen.

Den EU-Vorsitz sollten wir daher am besten dazu nützen, nicht nur über die Bekämpfung, sondern auch über die Definition von Korruption nachzudenken - auch wenn das Verzicht auf lieb gewonnene Benefits bedeutet. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe, 25.07.2005)