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Anas Schakfeh, Oberster Vertreter des Islam in Österreich. 1965 aus Syrien eingewandert - Seit 1999 Präsident der Glaubensgemeinschaft.

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Wien - Anas Schakfeh, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, sieht keine Gefahr einer Radikalisierung seiner Glaubensbrüder. Der Großteil der 350.000 Muslime in Österreich sei auf der Linie der Glaubensgemeinschaft, das bedeute ein Anerkennen des Staates und des Rechtsstaates, sagte er im Gespräch mit der APA. Anders Denkende seien klar in der Minderheit. Schakfeh spricht von "einem Dutzend irregeführter Menschen".

Terroranschläge "nicht gerechtfertigt"

Terroranschläge seien "nicht gerechtfertigt" und könnten "auf keinen Fall aus islamischer Sicht gerechtfertigt oder erklärt werden", betont Schakfeh. Die Attentäter würden nicht nur das jeweilige Land treffen: "Sie schaden uns Muslimen, und zwar weltweit."

Unterstützung für derartige Aktionen in Österreich gebe es nicht. Dies habe mit der besonderen Situation zu tun, die mit keinem anderen europäischen Land vergleichbar sei. Die staatliche Anerkennung der Religionsgemeinschaft und die gute, teilweise freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Politik, der Zivilgesellschaft und den Behörden hätten dazu beigetragen, dass die Muslime in Österreich ihre Religion wirklich frei ausüben können.

Exekutive und Gerichte

Als Bürger des Landes seien die Muslime zudem wie alle anderen an der inneren Sicherheit interessiert und hätten keine Veranlassung, etwas gegen die Gesellschaft zu unternehmen. Für Kriminelle, die es wie in anderen Bevölkerungsgruppen auch unter den Moslems gebe, seien Exekutive und Gerichte zuständig, so Schakfeh. Für die Muslime gelte: "Wir müssen normal leben, wie man in einem demokratischen Rechtsstaat lebt."

Der Vorsitzende der Glaubensgemeinschaft glaubt auch nicht, dass in Österreich - anders als zuletzt in Großbritannien - scheinbar integrierte Menschen zu radikalen Attentätern werden könnten. "Der Unterschied ist groß", betont er. Neben der Lebenssituation sei dies auch eine Frage der Herkunftsländer: Die österreichischen Muslime stammten rund zur Hälfte aus der Türkei, in Großbritannien hätten viele ihre Wurzeln in Pakistan oder Afghanistan.

Vorstellungen

Dass im Hintergrund dennoch radikale Strukturen wirksam sein könnten, weist Schakfeh zurück: "Solche Stimmen sind allzu pessimistisch und Unheilspropheten. Was Sie da an die Wand malen, sind einfach irreale Vorstellungen. Wenn Menschen in einem Land frei leben, ihre Rechte genießen und mit der Gesellschaft verbunden sind, haben sie nach dem gesunden Menschenverstand keine Veranlassung, gegen diese Gesellschaft etwas zu unternehmen."

Nach Angaben Schakfehs haben die Muslime auch keine Probleme mit der christlichen Bevölkerungsmehrheit. Drohungen - etwa nach den Anschlägen in London - habe es nicht gegeben. Die österreichische Mehrheit sei ruhiger und pragmatischer als in anderen Ländern, meinte er. Probleme gebe es höchstens mit der Privatwirtschaft: Frauen, die das Kopftuch tragen, hätten Schwierigkeiten bei der Jobsuche.

Wiener Gemeinderatswahlkampf

Der Präsident hofft, dass die positive Stimmung auch durch den anstehenden Wiener Gemeinderatswahlkampf nicht getrübt wird: "Die Politik Treibenden sollten klug genug und dem Land gegenüber loyal genug sein, um solche sensible Bereiche nicht zum Wahlkampfthema zu machen. Damit erreicht man nichts außer Verunsicherung der Bevölkerung. Politisch wäre das nicht klug." (APA)