"Wir haben nie geahnt, dass es zu solchem Terrorismus kommen wird, bei dem Kinder und Frauen ermordet werden. Doch wir dürfen unsere europäischen Werte nicht wegbomben lassen", sagte Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Eröffnungsrede. Europa selbst sei zu vernünftigen Antworten gekommen, meinte das Staatsoberhaupt.

60 Jahre nach dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat seien vergangenen und hätten dazu viel Material zu Tage gefördert und unsere Sichtweise geschärft, sagte Fischer. "Die Wissenschaft hat neue zeitgeschichtliche Informationen geliefert, und auch die Kunst hat zur Aufarbeitung und Überwindung des Adolf Hitler-Heinrich Himmler-Josef Goebbels-Auschwitz-Alptraumes beigetragen. Und dafür, dass es Einzelne gibt, die eine Gaskammer noch immer nicht von einem Brausebad unterscheiden können, kann die Kunst wirklich nichts", sagte der Bundespräsident.

Bewundernder Blick

"Bei vielen Gelegenheiten haben wir im heurigen Gedenkjahr einen bewundernden Blick auf die Kraft und den Mut und den Optimismus jener Menschen gerichtet, die den materiellen Aufbau vor 60 Jahren in Angriff genommen haben, um die verheerenden Auswirkungen von Krieg und Diktatur zu überwinden. Aber der nationalsozialistische Unrechtsstaat war nicht nur für materielle Verwüstungen verantwortlich, sondern in gleichem Umfang auch für intellektuelle, geistige, moralische und kulturelle Verwüstungen", so das Staatsoberhaupt.

Schon im Sommer 1945, wenige Wochen nach Kriegsende - also noch vor der Bildung der ersten definitiven Nachkriegsregierung in Österreich und weit vor der ersten Nationalratswahl - hätten sich einige engagierte und von unglaublichem Enthusiasmus getragene Persönlichkeiten an die Arbeit gemacht, zumindest eine kleine Festspielsaison aus dem Boden zu stampfen, erinnerte Fischer. "Dabei wurden auch klare Zeichen der Abgrenzung vom nationalsozialistischen Gedankengut gesetzt: Durch die Wahl eines in der NS-Zeit verbotenen Stückes, nämlich 'Der Tor und der Tod' von Hugo von Hofmannsthal unter Mitwirkung von Albin Skoda, ebenso, wie durch die Festivalleitung durch Otto von Pasetti, der in die USA emigriert war und gleich nach Kriegsende nach Österreich zurückkehren konnte."

Intellektuelle Dispute

Er freue sich über das Interesse und über das Lob in- und ausländischer Gäste, aber auch über den Diskurs in den Medien und über viele intellektuelle Dispute, auf die es kein Monopol gibt, sagte Fischer. "Zu der bunten kulturellen Flora gehört auch jene Kunst, die vielleicht die gesellschaftlichen Erwartungshaltungen nicht oder nur begrenzt erfüllt. Auch wenn diese Kunst gelegentlich beißt, kratzt und zuschnappt, hat sie dennoch das Recht, dass man sich ernsthaft mit ihr auseinandersetzt. Als Haustier ist sie sicher nicht geeignet, als Spiegel der Gesellschaft allemal", meinte der Bundespräsident.

Er schätze "den Ideenreichtum, die Fantasie, den Mut zum Neuen, die Originalität, die auch in anderem Rahmen von oft nur auf sich allein gestellten oder in kleinen Teams arbeitenden Künstlern und Künstlerinnen erbracht werden. Aber das zwingt ja nicht zu einem Entweder - Oder und hindert mich nicht, die Salzburger Festspiele als einen festen und unverzichtbaren Bestandteil des österreichischen Kulturlebens zu würdigen", so Fischer. (APA)