Prag - Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus zieht in Kürze um und wird seine bisherige Dienstvilla verlassen. Es handelt sich um ein Haus, das nach dem Zweiten Weltkrieg vom tschechoslowakischen Staat auf Grundlage der so genannten Benes-Dekrete von einer deutschen Familie konfisziert wurde.

Noch im Sommer soll Klaus eine renovierte Villa beziehen. Sie liegt an der Peripherie des Areals der Prager Burg und befindet sich in nächster Nähe zur Residenz des österreichischen Botschafters. Das neue Gebäude soll auch als Dienstvilla für spätere tschechische Staatsoberhäupter dienen, verlautete aus der Kanzlei von Klaus.

Neue Dienstvilla

Das "neue Haus", "Lumbe-Villa" genannt, mit gelber Fassade und einer Terrasse wurde in 60er Jahren des 19. Jahrhunderts errichtet. Die damals von Kaiser Franz Joseph geadelte Familie Lumbe (Edle von Mallonitz) besaß umfangreichen Landbesitz in Böhmen. Anfang des 20. Jahrhunderts wohnte der Maler Milos Jiranek in der Villa und in den 1930er Jahren wurde sie mit umliegenden Grundstücken dem Prager Burg-Areal angegliedert. In der kommunistischen Ära nach 1945 blieb das Haus ohne Funktion; es hätte sogar niedergerissen werden sollen. Nun wurde es für 52 Millionen Kronen (1,72 Mio. Euro) wieder instand gesetzt.

Die Dienstvilla, in der Klaus jetzt noch wohnt, gehört dem tschechischen Verteidigungsministerium; es soll nach dem Willen der Behörde auch nach dem Umzug des Präsidenten für repräsentative und diplomatische Zwecke benutzt werden.

Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte diese Villa der Familie Lipperts, die in Prag ein bekanntes Feinkostgeschäft betrieb. Die Geschwister Viktor Lippert und Marie Knapp (geb. Lippert) wurden auf Grundlage der Benes-Dekrete enteignet, ausgesiedelt und im Mai 1946 in einem Zugtransport nach Bayern abtransportiert. Bevor das Gebäude dann an das Verteidigungsressort ging, gehörte es zuvor dem Verkehrsministerium.

Private WOhnung "nicht geeignet"

2003 stellte das Verteidigungsministerium die frühere Lippert-Villa dem Staatsoberhaupt zur Verfügung. Klaus' private Wohnung im achten Prager Stadtbezirk wurde aus Gründen der Sicherheit und des Personenschutzes als Unterkunft für den Präsidenten als nicht geeignet erachtet.

Als Anfang des Vorjahres bekannt wurde, das es sich bei der Dienstvilla um das Haus vertriebener Deutscher handelt, geriet Klaus wegen der heiklen zeitgeschichtlichen Hintergründe in eine missliche Situation. Die tschechische Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" schrieb damals etwa, die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) habe damit ein symbolisches Argument in ihrem Streit mit dem tschechischen Staat erhalten. (APA)