Jetzt sei der Zeitpunkt, um in Europa ausgeglichene Haushalte zu erreichen und die Defizite abzubauen, sagte Grasser vor internationalen Journalisten in Paris anlässlich eines französisch-österreichischen Wirtschaftstreffens.
Plakativ gesprochen könne man dies auch als Forderung nach einem "europäischen Nulldefizit" bezeichnen, so Grasser gegenüber der APA.
0,5 Prozent pro Jahr
Um von den Defiziten, die in Europa im Durchschnitt bei 3,6 Prozent lägen, bis zum Jahr 2010 zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen, müsse pro Jahr etwa um 0,5 Prozent konsolidiert werden, rechnete Grasser vor.
Zwischen soliden Staatshaushalten und Wachstum gebe es keine negative, sondern eine positive Korrelation. "Solide Staatsfinanzen sind die Grundvoraussetzung für höhere Wachstumspotenziale". Um ausgeglichene Haushalte bis zum Jahr 2010 zu erreichen, müsse jetzt bei den Budgets für 2006 mit Konsolidierungen begonnen werden.
"Ausgewogener Kompromiss"
Bei der Reform des Stabilitätspakts sei ein "ausgewogener Kompromiss" erreicht worden, verteidigte der französische Wirtschaftsminister Thierry Breton den reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die Reform sollte kurz- und mittelfristig nicht in Frage gestellt werden.
Bei der Haushaltseinschätzung "sind wir häufig einer Meinung", sagte Breton zu Grasser, ohne auf dessen Vorschlag zu ausgeglichenen Budgets bis zum Jahr 2010 näher einzugehen. Auch Grasser verteidigte den reformierten Stabilitätspakt. Die Flexibilisierung des Pakts habe den bisherigen Erfahrungen Rechnung getragen.
Zu seiner Äußerung im Financial-Times-Interview, wonach die Forderungen an die Europäische Zentralbank (EZB) nach einer Lockerung der Zinspolitik von den eigentlichen Problemen ablenkten, fügte Grasser erläuternd hinzu, dass sich die Zinsen in Europa ohnehin auf einem "historisch niedrigen Niveau" befänden.
EU-Budget
Beim Streit um den nächsten europäischen Haushalt tritt Grasser für eine Einigung wenn möglich noch unter britischem Vorsitz ein. Großbritannien führt bis Ende 2005 den EU-Vorsitz, anschließend folgt Österreich.