Die Allianz der EU-Nettozahler ist zerfallen: Noch im Juni kämpften die sechs Nettozahler Österreich, Deutschland, Frankreich, Schweden, die Niederlande und Großbritannien gemeinsam dafür, die Zahlungen für das EU-Budget für die Jahre 2007 bis 2013 auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu begrenzen. Als es am Freitag um den Budgetentwurf für 2006 ging, waren es nur noch Österreich, Deutschland und die Niederlande, die Vorbehalte gegen den Vorschlag hatten, der just von einem ehemaligen Mitstreiter - den Briten - vorgelegt worden war.

Der Staatssekretär im deutschen Finanzministerium, Caio Koch-Weser, sagte am Freitag nach den Beratungen: "Ein Entwurf, der Ausgabensteigerungen von 4,8 Prozent erlaubt, ist nicht sachgerecht." Auch Österreich beharrt laut Finanz-Staatssekretär Alfred Finz auf weiteren Kürzungen.

Entscheidung im November

Der Rat stellte trotz der Vorbehalte der drei EU-Länder den Budgetentwurf 2006 auf. Endgültig darüber entschieden werden soll von den Finanzministern im November. Laut Entwurf beträgt das Ausgabenvolumen 111,4 Milliarden Euro. Die EU-Kommission hatte Ausgaben in Höhe von 112,6 Milliarden Euro vorgeschlagen, was einen Anstieg von 5,9 Prozent gegenüber 2005 bedeutet hätte.

Umstritten waren auch die Bereiche, in denen Großbritannien Kürzungen vorgenommen hat. Denn Großbritannien hat insbesondere im Forschungsbereich gestrichen, obwohl der britische Premierminister Tony Blair bisher vehement Einsparungen im Agrarsektor gefordert hatte. Dies löste Unverständnis nicht nur bei der EU-Kommission sondern auch bei anderen Mitgliedstaaten aus. "Im Agrarbereich wären Kürzungen möglich gewesen", sagte der deutsche Finanz-Staatssekretär Koch-Weser, bezog in seine Kritik auch die Mehrheitsentscheidung am Freitag ein. "Der Rat setzt ein falsches Signal, wenn er die Forschungsausgaben stärker als die Ausgaben für die Landwirtschaft kürzt."

Eklat wegen Beckett

Dass selbst die britische Landwirtschaftsministerin Margret Beckett nicht den Eindruck gibt, sie trage die Reformforderungen von Blair im Landwirtschaftsbereich voll mit, darüber berichtete DER STANDARD bereits. Nun erregte Beckett Aufsehen mit der Äußerung, Großbritannien erwarte Änderungen bei den EU-Agrarsubventionen nicht vor 2014.

Im EU-Parlament war es diese Woche auch zu einem Eklat gekommen, als Beckett auf Fragen der Abgeordneten zu britischen Plänen zur Agrarreform nicht antworten konnte und nach Darstellung der ÖVP-Abgeordneten Agnes Schierhuber "skandalöse Aussagen" über Ex-Agrarkommissar Franz Fischler machte. Daraufhin verließen die Obleute aller Fraktionen mit Ausnahme der sozialdemokratischen den Saal (siehe dazu auch Artikel "Agrarpolitischer Eklat um britische Ministerin im Europaparlament" ). (Alexandra Föderl-Schmid aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.7.2005)