Die Stimmung auf dem Schiff Jadranka, das durch die Bucht von Kotor an der montenegrinischen Küste fährt, ist sehr entspannt. Beim Staatsbesuch Fischers am Sonntag ist die österreichische Delegation dennoch überrascht, mit welcher Verve das für Februar 2006 geplante Referendum über die Unabhängigkeit Montenegros vom Staatenbund mit Serbien von der montenegrinischen Führung vorangetrieben wird.
Trotz der Skepsis vieler EU-Europäer, die wohl auch bei dem Besuch zur Sprache kam, soll Montenegro nächstes Jahr ein eigener Staat sein. Fischer: "Von den Spitzen Montenegros werden Argumente für ein Referendum mit großem Nachdruck formuliert." Marovic betont, dass es einen solchen Staatenbund wie Serbien-Montenegro nirgends gebe: "Es kann sein, dass Sie mit dem ersten oder dem letzten Präsidenten des Staatenbundes sprechen", scherzte er.
Montenegros Premier Milo Djukanovic, der mit Fischer ebenfalls an den alten venezianischen Festungsanlagen vorbei schipperte, ist wenig überzeugt, dass das Referendum im 680.000 zählenden Montenegro so glatt über die Bühne gehen wird. Es sei realistisch, dass es von serbischer Seite boykottiert werde. "Das könnte von der Belgrader Zentrale rund um Premier Vojislav Kostunica ausgehen." Kostunicas Logik sei, dass es keinen Konsens gebe, keinen Dialog und daher kein Referendum. "Da mangelt es an Demokratie", so Djukanovic.
In der österreichischen Delegation hörte man, dass Serbien während der Kosovo-Statusverhandlungen, die im Herbst beginnen sollen, nicht eine weitere Flanke aufmachen und daher über die Teilung von Serbien-Montenegro nicht verhandeln will. Denn bezüglich des Kosovo sind die Differenzen zwischen Belgrad und Pristina groß genug. Eine schnelle Unabhängigkeit, wie sie von den Kosovo-Albanern gefordert wird, oder auch Symbole wie eine eigene Flagge für den Kosovo sind für die Serben unvorstellbar.