Selbstbewusst und unverschleiert: die ägyptische Frau der Antike auf einem Mumienbild.
Abb.: Papyrusmuseum
Neben der Bitte um Fruchtbarkeit existierten auch Rezepte zur Empfängnis-
verhütung, wie auf diesem Papyrus der Wiener Sammlung aus dem 2./3. Jhdt. n. Chr.
"Gegen Empfängnis: Nimm eine Bohne, die einen Wurm hat, und lege sie auf."
Abb.: Papyrusmuseum
Wien - Der Ouroboros, die sich in den Schwanz beißende Schlange, Zeichen der ewigen Kreisläufe der Natur, Grenze zwischen geordneter Welt und dem Chaos, schützte mit seinem Leib die Gebärmutter: So zeigt es eine Gemme, die derzeit im Papyrus-Museum der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) zu sehen ist. Auf seiner Rückseite trägt der ovale Stein den Namen jenes Gottes - Ororiuth - , der auf anderen Gemmen als "Herr der Gebärmutter der Frauen" bezeichnet wird.

Der magische Schutz für den Uterus im antiken Ägypten hat einen komplexen Hintergrund. Galt doch das weibliche Geschlechtsorgan nicht nur als Symbol der Fruchtbarkeit, sondern als Mittelpunkt des femininen Körpers. Weshalb einer gesunden Gebärmutter zentrale Bedeutung zukam in der Behandlung zahlreicher Krankheiten. Viele Rezepturen der ägyptischen Medizin galten ihrer Heilung. Rosen- und Irisblüten wurden zur Linderung bei Gebärmutterschmerzen verschrieben, ein koptisches Rezept erwähnt die Behandlung mit einer welken Rose. Und noch der Römer Plinius notiert die wohltuende Wirkung von Rosenextrakten für den gesamten Bauch- und Magenbereich.

Papyrusmuseum

Die Papyri, auf denen das Wissen der ägyptischen Frauenheilkunde niedergeschrieben wurde, sind von heute an Bestandteil einer bemerkenswerten Ausstellung in den kühlen Kellergewölben des Papyrusmuseums der ÖNB: Kuratiert von Harald Froschauer beleuchtet die Schau Emanzipation am Nil verschiedene unbekannte Aspekte aus dem "Frauenleben und Frauenrecht" im antiken und spätantiken Ägypten (4. Jhd.v.Chr. - 8. Jhd.n.Chr.).

Eines Frauenlebens, das heutige BetrachterInnen in mancher Hinsicht durch seine Modernität verblüfft. So traten in der ägyptischen Rechtsprechung Frauen als selbständige Rechtssubjekte auf - handelten mit Grundbesitz und schlossen Pachtverträge ab -, wie etwa jene "schreibkundige" Aurelia Charite, über deren Geschäftsgebaren 30 Papyri aus der Wiener Sammlung Auskunft geben - und deren offensichtlich eigenhändige Unterschrift unter ihre Transaktionen vom 27. Mai 348 n. Chr. eines der frühesten heute bekannten Notate von weiblicher Hand darstellt.

Eheverträge

Bei Hochzeiten hielten ausführliche Verträge das in die Ehe eingebrachte Gut beider PartnerInnen fest - um den Frauen im Fall einer Trennung die Rückerstattung ihres Anteils zu garantieren - die sie denn auch energisch vor Gericht einforderten.

Der begleitend zur Ausstellung erschienene gleichnamige Band Emanzipation am Nil (19 Euro) versammelt mehrere Aufsätze zum Thema. Er ist bereits der elfte der engagierten Reihe "Nilus - Studien zur Kultur Ägyptens und des Vorderen Orients", die das Papyrus Museum anhand seiner Bestände herausgibt. Dessen Leitung liegt künftig übrigens auch in weiblicher Hand: Cornelia Römer, die zuletzt in London Papyrologie lehrte, folgt dem langjährigen Leiter Hermann Harrauer.

Lehrstuhl Papyrologie

Die Sichtung und Übersetzung der rund 180.000 Papyri aus den Beständen der Papyrussammlung dürfte zudem künftig von einer weiteren Neuerung profitieren: Das Institut für Alte Geschichte der Universität Wien hat erstmals einen Lehrstuhl für Papyrologie eingerichtet. Durch einen Kooperationsvertrag wurde die Zusammenarbeit mit der Papyrussammlung bereits fixiert - die StudentInnen werden die notorisch personell schwach besetzte Sammlung in Hinkunft beim Entziffern ihrer fragilen Objekte unterstützen. Man darf also auf weitere Entdeckungen zur ägyptischen Hochkultur der Antike im Papyrusmuseum gespannt sein. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 15.7. 2005)